Volume 3

Histologische und histopathologische Arbeiten uber die Grosshirnrinde, mit besonderer Bedrucksichtigung der patologischen Anatomie der Geisteskrankheiten.

  • Nissl, Franz.
Date:
1904-1921
Catalogue details

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Credit: Histologische und histopathologische Arbeiten uber die Grosshirnrinde, mit besonderer Bedrucksichtigung der patologischen Anatomie der Geisteskrankheiten. Source: Wellcome Collection.

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    Nachdem die Geschichte der „Kornchenzelle in eingehender und erschopfender Weise von Baumler und Jolly in alterer Zeit, von ScHMAUs und Nissl in jiingster Zeit zusammengestellt worden ist, geniigt es, nur in groBen Ziigen auf die Wandlung liinzuweisen, die dieser Begritf ini Laufe der Jahre erfahren hat. Aus dem Begriff der Entziindungskugcl in den 40 er Jahren des vorigen Jahrlninderts hervorgegangen, fristete die Kornchenzelle neben der Kornclienkugel ilir Dasein; letztere wurde als iilteres Produkt der ersteren angeselien und beide als spezifisclie, aus ur- spriinglich freien Kornclien hervorgegangene zellulare Elemente be- trachtet. Durcli die Leliren der Zellularpathologie war die freie Entstehung von Zellen unhaltbar geworden und man sah sich bald genotigt, nach einer neuen Genese der Kornclienzellen Umschau zu lialten. Tatsachlicli hatte man beobaclitet, wie in verscliiedenen Ge- weben aus wohlgeformten Zellen durch eine Umwandlung sich Kornchen- zellen auch auBerlialb entziindlicher Herde bildeten (so besonders in den GRAAFschen Follikeln, in der Decidua des Uterus, bei der CoUostrumbildung). So verlor die Kornchenzelle wieder ihren patho- gnomonischen Charakter und interessierte in gleicher Weise den Ana- tomen und pathologischen Anatomen. — In einer zweiten Epoche, die an die Arbeiten von Turk, Westphal sich anschlofi, beschaftigte sie ganz besonders die Gehirnpathologen — und von jener Zeit ab spielt sie eine liervorragende Rolle in der Histopathologie des Zentral- nervensystems. In den secliziger Jahren des vergangen Jahrhunderts schlossen sich an ihren Namen auBerst lebhafte Diskussionen fiir und wider ilire spezifische Bedeutung an. Im allgeraeinen war man geneigt, die Kornchenzelle abermals als charakteristisches Produkt entziindlicher Prozesse zu betrachten, und sie gab der Kornchen- zellenmyelitis und der Kornchenzellencephalitis den Namen. SchlieB- lich machte sich ein groBer Teil der Untersucher audi wieder von dieser Vorstellung frei. Indem man sie als die Wanderzelle des Zentralnervensystems betrachtete, die iiberall dort auftritt, wo Nerven- substanz zugrunde gegangen ist, schob man der Kornchenzelle eine neue Bedeutung zu. Der kurze, summarisch gehaltene Uberblick macht uns zunaclist mit einer merkwiirdigen Erscheinung in der Geschichte der Kornchen- zelle bekannt. Dank eines ganz indiiferenten Namens, der lediglich auf die Anwesenheit grobcr moi-phologischer Verhaltnisse sich auf- baute, konnte ein und dassclbc Element als Untersuchungsobjekt der