Volume 1
Die unregelmässige Herztätigkeit / von K.F. Wenckebach und Hch. Winterberg.
- Wenckebach, K. F. (Karel Frederik), 1864-1940.
- Date:
- 1927
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Credit: Die unregelmässige Herztätigkeit / von K.F. Wenckebach und Hch. Winterberg. Source: Wellcome Collection.
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![Die ersten Zweifel an dieser beinahe als Axiom geltenden Lehre äußerte Engelmann (183) in einer Arbeit über die Fortpflanzung der Kontraktion des Ureters und der Flimmerbewegung an Epithelzellen. Beide Vorgänge schienen ohne Mitwirkung des Nervensystems zustande zu kommen und durch Übertragung des Kontraktionsreizes von Zelle auf Zelle, von Ele¬ ment auf Element vor sich zu gehen. Bei dieser Gelegenheit sprach Engelmann auch die Vermutung aus, daß der Kontraktionsreiz im Herzen sich ebenfalls von Muskelzelle auf Muskelzelle fortpflanzt (182, 183). Schon die nächsten Jahre brachten neue wichtige Befunde. Bowditch (73) fand im Ludwigschen Institute, daß der Herzmuskel auf wirksame Reize entweder mit der vollen vorhandenen Kraft oder gar nicht antwortet (Alles- oder Nichts-Gesetz). Eich (224) und Engelmann (184, 185) wiesen nach, daß die Kontraktionswelle sich von der gereizten Stelle aus nach allen Rich¬ tungen ausbreitet, welche Tatsache einige Jahre später von B. Marchand (666) und Engelmann (186) auch für die jede Kontraktion begleitenden elektrischen Erscheinungen festgestellt wurde. Marey (667) entdeckte das Verschwinden der Anspruchsfähigkeit des Herzens während der Systole (refraktäre Phase) und ihr Wiederanwachsen während der Diastole; bei seinen methodisch durchgeführten künstlichen Reizungen des Herzens fand er auch die „kom¬ pensierende“ Pause nach künstlich hervorgerufenen Systolen. Die von vielen Seiten gemachte Beobachtung [Bowditch, Marey, Banvier (765)], daß jedes Stückchen Herzmuskel sich unter geeigneten Bedingungen genau so beträgt und den nämlichen Gesetzen gehorcht wie das ganze Herz, führte zur Überzeugung, daß dieses nicht unter Einwirkung eines intrakar¬ dialen Nervensystems arbeitet, sondern daß eine dem Herzmuskel selbst inne¬ wohnende Automatie die rhythmische Tätigkeit des Organes beherrscht. Eine ganze Reihe höchst wichtiger Fortschritte auf diesem Wege verdanken wir den Arbeiten Gaskeils über die Leitung des Kontraktionsreizes im Herzen sowie seiner Entdeckung spezieller Fasern, welche als Brücke für den Reiz die einzelnen Abteilungen des Kaltblüterherzens verbinden (296, 297, 298). Diese grundlegenden Entdeckungen Gaskells und eine Reihe anderer gleichzeitig erhobener Befunde wurden dann von Engelmann weiter ausgebaut und führten zur Formulierung des Gesetzes der Erhaltung der physiologischen Reizperiode (188) und zur Aufstellung seiner Theorie der „myogenen“ Herztätigkeit (1890 bis 1895). Auf Grund dieser Lehre wurde das alte Problem der Herzarrhythmie beim Menschen einer neuen Bearbeitung unterzogen. Hatte man sich früher mit einer Einteilung nach rein äußerlichen Kennzeichen begnügt, so ging man jetzt daran, den Mechanismus der Herzunregelmäßigkeiten zu stu¬ dieren. Der erste Erfolg auf diesem Wege war der Nachweis, daß die beim Menschen so häufig vorkommenden vorzeitigen, frustranen Kontraktionen nichts anderes sind, als die im Tierversuche auf künstliche Reize auftretenden Extrasystolen. [Wenckebach (1005), Cushny (122).] Die Analyse ihrer zeit¬ lichen Verhältnisse im Sphygmogramm zeigte für beide die vollständig gleiche Gesetzmäßigkeit der kompensierenden Pause. Mit Hilfe der nämlichen ein-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b31360270_0001_0014.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)