Die Diphtherietoxin-Hautreaktion des Menschen als Vorprobe der prophylaktischen Diphtherieheilseruminjektion.
- Béla Schick
- Date:
- 1913
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Credit: Die Diphtherietoxin-Hautreaktion des Menschen als Vorprobe der prophylaktischen Diphtherieheilseruminjektion. Source: Wellcome Collection.
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![leil wird im Körper retiniert. Das entspricht durchaus dem sonstigen Verhalten der Bromverbindungen im Orga- nismus. Y\ ird doch sogar Bromnatrium in ganz beträchtlicher W eise im Körper zurückgehalten, derart, dass am ersten Tage weniger als 50 Proz. der autgenommenen Menge zur Aus- scheidung kommen, und die Ausscheidung von Brom in Sekreten und Exkreten sich über eine ausserordentlich lange Zeit erstrecken kann. Es hat sich bei den Tier versuchen eine qualitative Abänderung der Veronalwirkung — ein Hervortreten etwa der Bromkomponente im Diogenal — nicht nach- weisen lassen. Das beweist aber keinswegs, dass eine solche nicht vorhanden ist. Bromsalze (z. B. Brom- natrium) lassen im Tierversuch — selbst bei sehr hohen Dosen — eine deutliche physiologische Wirkung (abgesehen von der „Salzwirkung) durchaus nicht erkennen. Ist doch auch für den normalen Menschen Bromnatrium zu 1, 2, 3 g absolut, indifferent, und ist die „Bromwirkung nur am Kranken als Beruhigung des überreizten bzw. abnorm reizbaren Zentralnervensystems zu konstatieren. Es kann sich also die Bromkomponente des Diogenals sehr wohl, ins- besondere am kranken Menschen, geltend machen; ja, es m uss schliesslich eine Bromwirkung eintreten, wenn ge- nügend Brom aus dem Diogenal abgespalten, und der Orga- nismus mit Brom gewissermassen gesättigt ist. Es ist wohl kein Zweifel, dass die Wirkung der Bromsalze in der Wirk- samkeit des Brom-Jons besteht, und dass organische Bromverbindungen erst wirksam werden, wenn aus ihnen im Organismus Brom (bzw. BrH) abgespalten worden ist. Das Brom scheint therapeutische Wirkungen erst zu entfalten, wenn es im Organismus gewissermassen „angereichert worden ist. Eine solche Anreicherung wird dadurch be- günstigt, dass das Brom vom Organismus, wie bemerkt, nur sehr langsam ausgeschieden wird. Dies trifft, wie wir ge- sehen haben, gerade auch für das Diogenal zu. Welche Bewertung des Diogenals gestatten nun die Er- gebnisse der pharmakologischen Prüfung hinsichtlich einer therapeutischen Benutzung des Präparates? Gegenüber dem Veronal dürfte zunächst die erheblich reduzierte Giftigkeit, die auch bei Versuchen am Menschen durch das Ausbleiben jeg- licher Nach- und Nebenwirkungen selbst nach längerer Dar- reichung zum Ausdruck kommt, einen Vorzug bedeuten. Zum Zweck der Schlaferzeugung sind von Diogenal 3—4 mal grössere Dosen erforderlich als von Veronal. Das Diogenal ist zudem, wie wir gesehen haben, in seiner Wirkung milder. Es ist not- wendig, dass der praktische Arzt eine grössere Zahl von Schlafmitteln zur Verfügung habe, weil es bekanntlich prak- tisch oft notwendig ist, mit Schlafmitteln abzuwechseln. Man wird natürlich zunächst mit einem möglichst „milden Schlaf- mittel beginnen. Hierfür eignet sich in hervorragender Weise das Diogenal. Als mittlere schlafbringende Dosis bei Er- wachsenen wäre 1 g Diogenal anzusehen. Bei der Dar- reichung würde zeitlich auf den etwas späteren Eintritt der Wirkung Rücksicht zu nehmen sein. Noch aussichtsvoller er- scheint die Prüfung des Diogenals als allgemeines Sedativum. Hier dürfte die abgeschwächte bzw. mildere Form der Veronalwirkung, kombiniert mit der Wirkung der Bromkomponente Wirkungen schaffen, die durch das Brom allein kaum zu erreichen wären. Die Unschädlichkeit des Diogenals erlaubt grössere einmalige Dosen einerseits, wie längere Verabreichung andererseits. Tatsächlich sind die am Kranken erzielten Erfolge überraschend gut und ermutigen zu ausgedehnterer Püfung des Mittels •). Aus dem Rudolph Ber g h s Hospital in Kopenhagen (Direktor: Prof. Dr. Erik Pontoppidan). Zwei Fälle von Reinfektion bei Salvarsan-Quecksilber- behandelten Patienten nebst einer Zusammenstellung unserer Resultate mit der kombinierten Behandlung. Von Privatdozent Dr. Harald Boas, I. Assistenzarzt. Obwohl eine nicht unbeträchtliche Reihe von sicherer Reinfektion mit Syphilis nach Salvarsan publiziert ist '-') Siehe Publikation in nächster Nummer. (Stühmer, Klausner, Milian, Krefting, Gen- ner i c h etc.), glaube ich doch, dass jeder neu beobachtete Eall sein Interesse haben kann zur Beurteilung der Ueber- legenheit der neuen Ehrlich sehen Behandlung über die alte reine Quecksilberbehandlung. Auch scheinen die von mir beobachteten Fälle ungemein typisch zu sein. Fall 1. Der Patient, ein 25 jähriger Kaufmann, wurde März 1912 im Rudolph Berghs Hospital an zwei klinisch ganz typischen In- durationen der Cutis penis behandelt; er hatte Primäradenitiden in beiden Leisten; in den Geschwüren wurden zahlreiche Spirochaetae pallidae nachgewiesen (Dunkelfeld, B u r r i). Die Behandlung (nach A r n i n g 1 intramuskuläre Salvarsaninjektion ä 60 cg + 1 intra- venöse ä 40 cg + 50 Einreibungen mit Ung. hydrargyri ä 3 g) wurde eingeleitet, während die Wasserman n sehe Reaktion noch negativ war; die Reaktion blieb negativ während und nach der Behandlung. Der Patient wurde nun jeden Monat klinisch und serologisch unter- sucht; er hatte immer negative W a ss e r m a n n sehe Reaktion und war auch klinisch immer symptomlos. Am 28. II. 1913 hatte er mit einer unbekannten Strassendirne Verkehr. Das Datum ist wegen des schnell auftretenden Trippers genau in Erinnerung. Am 3. III. konsultierte er mich wegen eines frischen Trippers. 20. III. (3 Wochen nach dem infizie- renden Koitus) wurde ein kleines, banal aussehendes Geschwür am Frenulutn (also an einer ganz anderen Stelle als die ursprüng- lichen Indurationen) beobachtet. 30. III. nahm dieses Geschwür ganz das Aussehen einer typischen Induration an; es wurden zahlreiche Spirochaetae pallidae nachgewiesen; die W a s s e r m a n n sehe Reaktion war noch negativ. Das Geschwür vergrösserte sich all- mählich, es entwickelte sich eine Primäradenitis in der linken Leiste. Die \\ assermann sehe Reaktion blieb negativ. Erst am 30. IV. (8Vs Wochen nach dem infizierenden Koitus) wurde die Wasser- mann sehe Reaktion schwach positiv [0,2 401). 0,1 100]. 8. V. (10 Wochen nach der Infektion) bekam der Patient eine typische erste Roseola. Ich glaube, dass wenn man überhaupt von einer Re- infektion sprechen will, man es nie mit grösserer Sicherheit tun kann, als in diesem Fall. Wir haben hier einen Patienten mit einer klinisch und mikroskopisch sichergestellten ersten Syphilis in einer Spezialabteilung behandelt. Die Kur wird im günstigsten Zeitpunkt (noch negative WaR.) eingeleitet. Nach- dem der Patient fast 1 Jahr klinisch und serologisch sym- ptomlos gewesen ist, wird er an einem bestimmt festgestellten Tage infiziert. Nach der klassischen Inkubationszeit (3 Wochen) bekommt er eine klinisch und mikroskopisch un- zweifelhafte Induration. Nach der klassischen Inkubationszeit (Kl Wochen) bekommt er typische erste Sekundärerschei- nungen. Zum Ueberfluss ist die WaR. immer negativ und wird erst kurz vor der Erscheinung sekundärer Mani- festationen positiv. Auch der andere von uns beobachtete Fall ist zweifellos eine typische Reinfektion, nur ist diesmal die Diagnose Reinfektion nicht durch Auftreten sekundärer Manifestationen erhärtet. Der Patient, ein 23 jähriger Matrose, wurde Januar 1913 an einer typischen Induration im Sulcus coronarius behandelt. Es wurden zahlreiche Spirochaetae pallidae nachgewiesen, die WaR. war negativ. Der Patient bekam 60 cg Salvarsan intramuskulär + 40 cg Salvarsan intravenös + 10 Injektionen Kalomel ä 5 cg. Der Patient hatte später keine Manifestationen und immer negative WaR. Ende September 1913 hatte er in Sevilla mit einer Puella publica Verkehr; 3Yz Wochen später bekam er an der Cutis penis (also an einer ganz anderen Stelle als der der ursprünglichen Induration) 2 Geschwüre, weswegen er wieder ins Spital eingebracht wurde. Er hatte jetzt zwei typische zehnpfenniggrosse Indurationen mit erosivem Rand, ausserdem eine Primäradenitis in der linken Leiste. Es wurden zahlreiche Spirochaetae pallidae nachgewiesen, die WaR. war negativ. Auf Wunsch des Patienten wurde sogleich eine neue Salvarsai- Quecksilberkur eingeleitet. Auch in diesem Falle glaube ich, dass die Diagnose Re- infektion ganz unzweifelhaft ist. Wir haben einen Patienten mit einer klinisch und mikroskopisch sichergestellten Syphilis. Die Kur wird auch hier im günstigsten Zeitpunkt (noch nega- tive WaR.) eingeleitet. Der Patient ist klinisch und sero- logisch symptomlos während 9 Monaten. An einem bestimmt festgestellten Zeitpunkt wird er wieder infiziert. Nach der klassischen Inkubationszeit bekommt er wieder eine klinisch und mikroskopisch unzweifelhafte Induration. Ausserdem ist die WaR. noch negativ. Zum Schluss gebe ich in den untenstehenden Tabellen eine Uebersicht über unsere Resultate mit der kombinierten *) Hämolyse in Prozent angegeben, siehe Boas: Die Wasser- m a n n sehe Reaktion. II. Auflage. S. Karger, Berlin.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21004985_0038.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)