Schussverletzungen des Auges / beobachtet von Hermann Cohn.
- Cohn, Hermann, 1838-1906.
- Date:
- 1872
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Credit: Schussverletzungen des Auges / beobachtet von Hermann Cohn. Source: Wellcome Collection.
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![inneren Cornealrande angrenzende Theil der Sklera ist zer- rissen und von dem zugehörigen nach Aussen-Unten liegen- den Theile der Sklera wenigstens 2' breit klaffend entfernt, Conjunctiva Bulbi im oberen Theile stark chemotisch, ragt jedoch zur Lidspalte, die liir gewöhnlich 2' weit offen steht, noch nicht hervor. Bei grösster Anstrengung kann sie auf 3' geöffnet werden. Der untere äussere Theil der Conjunc- tiva Bulbi ist wallartig geschwollen, tief roth injicirt und kann nicht mehr in die Lidspalte zurückgebracht werden. Cornea im äusseren 'J'heile matt, im Centrum und nach der Wunde hin käsig gelb getrübt; der obere innere Quadrant ist trüb blaugrau. Der Bulbus hat noch etwas Spannung und ist auf Berührung im oberen Theile sehr schmerzhaft. Be- wegung nach links und oben frei, nach rechts und unten durch die Chemose beschränkt. Totale Amaurose. Ganze linke Wange dick geschwollen, heiss, schmerzhaft. Ausge- sprochene Facialisparalyse rechts. Ohr normal; 2 nach hin- ten vom Ohrläppchen an der Grenze des Haarwuchses eine sehr unscheinbare kleine Oeffnung, aus welcher gelbes Serum aussickert, und deren Umgebung schmerzhaft ist. — Linkes Auge soll von Jugend auf schlecht gesehen haben; heut Su- gillationen des oberen und unteren Lides des linken Auges. Ich beabsichtigte sofort die Enucleation zu machen, wurde aber daran durch eine Heise nach Forbach gehindert und verordnete daher zunächst feuchtwarme Compressen. Am 21. Aug. kehrte ich nach Heinitz zurück und fand folgenden Zustand: Lider und Gesicht sehr abgeschwollen. Bulbus matsch. Cornea fast total eitrig zerfallen. Conjunc- tiva Bulbi unterhalb der Cornea in einer geringen Ausdehn- ung mit der Conjunctiva palpebrae inferioris verwachsen. Conjunctiva bulbi namentlich im äusseren Theile hahnenkamm- artig geschwollen, zur Lidspalte hervorhängend und tief roth injicirt. Bewegung nach aussen jetzt unmöglich, auch nach allen übrigen Richtungen durch die Chemose beschränkt, aber noch vorhanden. Sekretion mässig. Austrittsöffnung der Ku- gel hinter dem Ohre entleert wenig Eiter. Facialisparalyse unverändert. Sofort nahm ich die Enucleation vor. Sehr störend zeigte sich die Chemose der Conjunctiva und die Weichheit des Bulbus. Aus der so stark geschwollenen Con- junctiva trat gleich beim Beginn der Operation eine ganz beträchtliche Blutung ein, als die neugebildete Brücke von der Conjunctiva palpebrarum zur Conjunctiva Bulbi gelöst wurde. Beim ersten Scheerenschlage gelang die Durchschnei- dung des Sehnerven nicht, erst nach einem wiederholten Ver- suche trat der Bulbus, der halb ausgelaufen war, hervor. Der Sehnerv ist unmittelbar hinter seinem Eintritt ins Auge durch- schnitten. Im äusseren, unteren, hinteren Octanten des Bul- bus zeigt sich eine zerfetzte klaffende Wunde. Im äusseren unteren Theile der Orbita fühlt man eine leichte Knochenzer- störung, welche dem Durchgang der Kugel nach dem Process. mastoideus zu entspricht Unmittelbar nach der Enucleation frischte ich die W u n d- rander des oberen und unteren Lides in seiner Mitte, wo es zerrissen war, an und schloss mit seidenen Knopfnäthen sorgfältig. Eisumschläge. 26. Aug. Oberes Lid stark geschwollen, Fäden liegen aber gut. 27. Aug. Eiterung hat die Fäden gelockert. Sie müssen entfernt werden. 28. Aug. Lider weich. Stumpf kann sich, wenn auch schlecht, doch schon bewegen. Allgemeinbefinden gut. Riss- wunde des oberen Lides noch klaffend; die des unteren heilt schon zu. Starker rechtsseitiger Stirnkopfschmerz. Etwas dünner Eiter kommt aus der Lidspalte hervor, (üesichtsläh- mung ein wenig verringert. Druckverband. 29. Aug. Hat noch etwas Schmerz in der rechten Kopf- hälfte gehabt. Aus der Lidspalte tritt rahmig gelber Eiter. Chemose noch sehr bedeutend. Kleine Bewegungen des Stum- pfes schon möglich. , 20 Sept. Allgemeinbefinden bisher vortrefflich. Rechter Mundwinkel steht für gewöhnlich nur 2 bis 3' tiefer als der linke. Bei Versuchen zu lachen oder zu pfeifen bleibt er al- lerdings noch '/a S^S^^ ^^^n linken zurück. Zunge wird ganz gerade vorgestreckt. Wunde hinter dem Ohre total ge- heilt. Lider nicht mehr geschwollen. Oberes und unteres Lid haben in der Gegend des inneren Drittels au ihrem Rande einen kleinen Defect. Conjunctiva bulbi sondert sehr wenig Schleim ab (es waren bisher täglich Einspritzungen mit Zinklösung gemacht worden). Nach innen und oben sind ergiebige, nach unten beschränkte, nach aussen gar keine Bewegungen des Stumpfes möglich. Seit 3 Wochen kein Kopfschmerz mehr. Das linke Auge liest Snellen Ii/u fliessend von 2 — 4. Nach Neutralisation seiner Myopie durch Concav 4 wird S = r,„. Akkomodationsbeschwerden bei länge- rem Lesen hat er nicht. Patient wird in seine Ileimath evacuirt. Die Autopsie des enucleirten Bulbus, der wegen Mangel ah Müller'scher Lösung und Chromsüure leider erst am nächsten Tage in schwachen Spiritus gelegt werden konnte, ergab nach Prof Waldeyer am 12. November 1870: „der Bulbus ist derartig zerstört, dass nur ein grösserer Skleral- fetzen als solcher erkennbar ist-, eine Unterscheidung der ein- zelnen Medien ist gar nicht möglich. Man kann nur an klei- nen Resten der Sklera noch nachweisen, dass hier eine dif- fuse eitrige Infiltration der Chorioidea besteht, im Gewebe der Sklera aber keine besondere Veränderung zu er- kennen ist. Beobachtung- 5. Granatschuss ins rechte Auge. Viele Splitter in den Lidern. P]nucleation. Aus- ! bleiben sympathischer P]rscheinungen. Lcgouy, Etienne, 22 Jahr, Soldat des 66. franz. Inf- Reg. aus Chateau, depart. Saone et Loire, wurde am 17. Aug. bei Viguillet vor Metz durch Granatsplitter verwundet. Nach- dem er 7 Stunden auf dem Schlachtfelde gelegen, erhielt er in der Kirche eines Dorfes vor Metz von franzcisischen Aerz- ten kalte Compressen und wurde nach 2 Tagen evakuirt, wo- hin ist ihm unbekannt. Die Behandlung bestand nur in Eis- I umschlagen. Am 24. Aug. kam er in meine Station nach I Heinitz, wo er nach seiner Aussage zum ersten Male genau untersucht wurde. Unmittelbar nach der Verletzung floss viel Flüssigkeit aus dem rechten Ohre, ob Blut weiss er nicht. Zahlreiche Hautverbrennungen und Hautaufschürferungen an den Brauen des rechten Auges, der Nasenspitze und der rechten Backe. Die Brauen sind rechts völlig verkohlt und am äusseren Winkel des rechten Auges, in der Gegend des](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21638433_0014.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)