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Credit: Gehirn und Kultur / von Georg Buschan. Source: Wellcome Collection.
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![keiten seines Trägers scliliessen lasse, verglich eine grössere Anzahl' Schädel miteinander, von denen die eine Serie aus einer mindestens bis an oder über das 13. Jahrhundert zurückreichenden Pariser Grabstätte, die andere aus einem dem 19. Jahrhundert angehöi^igen Kirchhofe stammte, und veröttentlichte auf Grund dieser Untersuchungen i J. 1872 die überraschende Tatsache, dass im Laufe der Jahrhunderte der Schädel- inhalt der Pariser Bevölkerung sichtlich zugenommen habe. I)ie mittlere Kapazität war nämlich während der verflossenen (5 Jahrhunderte um 35,55 ccm angestiegen. Topinard, der nach Br o ca’s Tode das noch restierende Schädelmaterial in dem gleichen Sinne weiter verarbeitete, konnte dieses Ergebnis bestätigen: die Differenz der Mittelwerte betrug seinen Messungen zufolge 33 ccm ’ zugunsten der modernen Bevölkerung. Mit Recht legten beide Beobachter diese ihre Ergebnisse dahin aus, dass die Grössenzunahme des Schädelbinnenraums auf Rechnung der zu- nehmenden Intelligenz und Kultur zu setzen sei. Eine ähnliche vergleichende Untersuchung, die Professor Emil Schmidt später an den Schädeln alter und moderner Ägypter anstellte, förderte das entgegengesetzte Resultat zutage, eine Abnahme des Schädel- binnenraums um 44,5 ccm innerhalb der beiden letzten tausend Jahre. Für diese nicht minder bemerkenswerte Tatsache lag die gleiche Er- klärung wie oben auf der Hand : nur vice versa: das Land des heiligen Nils, das einst in seiner Blütezeit an der Spitze der Zivilisation gestanden hatte, war später in geistigen und materiellen Verfall geraten; diese]- geistige Rückgang seiner Bewohner kam in der Abnahme ihres Schädel- binnenraums, eigentlich ihres Hirnvolumens, zum Ausdruck. So einleuchtend und berechtigt diese Folgerungen auch erscheinen, die Broca und Schmidt aus ihren Untersuchungsreihen zogen, so- dürfen dieselben doch nach unserer heutigen Auffassung insofern nicht als ganz einwandsfrei hingenommen werden, als beider Ergebnisse auf den sogenannten Mittelzahlen beruhen. Die anthropologische Forschung scheint jetzt endlich mit dei-' lang geübten Methode der Durchschnitts- oder Mittelzahlen gebrochen zu haben, denn das Mittel kann nie und nimmer mehr ein Kriterium für das wahz-e durchschnittliche Verhalten einer Zahleni-eihe abgeben. Bei der Berechnung der Mittelzahlen ver- fährt man bekanntlich in der Weise, dass man die einzelnen Ziffern einer Sei'ie addiert und die so erhaltene Summe dui-ch die Zahl der Einzelbeobachtungen dividiert. Diese Methode, die in der Anthropologie jahrelang gang und gebe gewesen ist, hat leider grosses Unheil ange- i-ichtet, besondei's auf dem Gebiete der Kraniologie, Hat izzan nämlich eine gegebene Reihe von Schädelmassen vor sich^ so kann ein einziger sehr hoher oder niederer Wert die Mittel- oder Durchschnittszahl nicht unbedenklich nach oben oder unten zu verschieben. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass das Mittel in solchen Fällen ganz illusorisch](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b22408836_0010.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)