Die Staatsheilkunde im Lichte der Geschichte : ...neue Ausgabe des Schlusstheils [i.e. des 6ten buchs] seiner Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften / vom Gehermerath, Ritter und Professor Dr Emil Isensee.
- Isensee, Emil, 1807-1845
- Date:
- 1862
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Credit: Die Staatsheilkunde im Lichte der Geschichte : ...neue Ausgabe des Schlusstheils [i.e. des 6ten buchs] seiner Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften / vom Gehermerath, Ritter und Professor Dr Emil Isensee. Source: Wellcome Collection.
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![halle er häufig eine Art Wahnsinn beobachtet, die aus der Epilep- sie sich entwickelt; er suchte den Sitz der Manie im Kopfe und in den Hypochondrien, vorzüglich aber in diesen letztem) und als unterscheidendes Symptom der Raserei und des Wahnsinns gab er an, dass bei dem letztem die Kranken die Dinge sehen, wie sie wirklich sind und auch der Gesunde sie sieht, und blos falsch über dieselben urtheilen , während sie in der Raserei die vor ihren Au- gen befindlichen Dinge weder sehen noch erkennen. Bei dieser trefflichen Schilderung der Gemüthskrankheiten, welche den Stempel genauer und tiefer Forschung und Beobachtung an sich trägt, müssen wir aufs innigste bedauern, dass das Werk von Aretäus nur verstümmelt auf uns gekommen ist, und dass der Theil, welcher die Behandlung des Wahnsinns enthielt, verlo- ren gegangen ist. Ein Bruchstück über die Kur der Melancholie ist alles, was uns übrig geblieben ist. Das Aderlässen lässt er bei Melancholischen nur mit Einschränkung und Vorsicht zu, etwa wie jetzt Nasse; bei Vollblütigkeit aber kann es nach seiner Ansicht mehrmals wiederholt werden, nur nicht an demselben Tage. ,,Auf den Zustand des Magens, welcher sehr leidend ist, muss man in der Melancholie sein Augenmerk richten. Das Vorhanden- sein von Galle in diesem Organ erheischt die Verordnung der schwar- zen Niesewurz; nach dem Abführen werde der Kranke gebadet.“ Aretäus empfiehlt in der Folge örtliche Behandlung, Anwendung von Tropfbädern und Cataplasmen auf die Abdominalgegend. Blu- tige Schröpfküpfe auf das Epigastrium und in den Rücken sind oft heilsamer als der allgemeine Aderlass [wie wahr und practisch!]. Da die nächste Ursache des Wahnsinns im Gehirn liegt, so muss man den Kopf rasiren und auf den früher behaarten Theil desselben die Schröplköpfe ansetzen. Den Indicationen, die sich bei Unterdrük- kung des monatlichen oder Hämorrhoidalflusses zeigen, sucht man dadurch entgegen zu kommen, dass man durch, auf die Organe, welche bei jenen Ausleerungen vorzüglich thätig sein sollen, ange- wendete Reizmittel diese wieder hervorruft. Er bezeichnet die hin- zutretenden Complicationen, z. B. Krämpfe, Lähmungen als höchst bedenklich, die um so weniger heilbar sind, wenn sie in der Me- lancholie ihren Ursprung haben. Aretäus empfiehlt kräftige Nah- rung, und ist die Krankheit hartnäckig, so lässt er warme Bäder brauchen; diejenigen Quellen, welche bituminöse Substanzen, Schwe- fel, Alaun und andere heilkräftige Stoffe enthalten, zieht er vor. Unabhängig von der Wirkung der Mineralwässer sind die Zerstreuun- gen durch Reisen den Irren sehr günstig. Ausserdem rühmt er die gymnastischen Uebungen, die Promenaden, die Frictionen. (S. Are- täus von der Kur der chronischen Krankheiten, Cap. 5. übersetzt v. Renaud I. c.) Wenn nun die Zeitumstände des Aretäus Schrift über die Behandlung der Gemüthskrankheiten nicht bis auf uns haben kommen lassen, so sind wir dafür durch die Rettung des Werks eines an-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b24757329_0148.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)