Untersuchungen über Osteomalacie und Rachitis : nebst Beiträgen zur Kenntniss der Knochenresorption und -apposition in verschiedenen Altersperioden und der durchbohrenden Gefässe / von Gustav Pommer.
- Pommer, Gustav
- Date:
- 1885
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Credit: Untersuchungen über Osteomalacie und Rachitis : nebst Beiträgen zur Kenntniss der Knochenresorption und -apposition in verschiedenen Altersperioden und der durchbohrenden Gefässe / von Gustav Pommer. Source: Wellcome Collection.
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![contracturen zu Verkürzung und Krümmung der unteren Extremitäten, zu Deformität des Mittelfusses, zu Veränderungen an den Gelenken der Oberschenkel und am Becken und unter Zehrfieber zum Tode kam, fehlt der characteristische mikroskopische Befund der osteomalacischen Kno- chenveränderung 1). Es ist in diesem Falle und noch mehr in anderen Fällen, so z. B. in der Observation II von Demange ^), wo es bei einem 40jährigen Manne in Folge eines Sturzes von einem Baume binnen sechs Monaten zur Ausbildung einer Kypho-Skoliose kam u. s. w., die Möglich- keit vorhanden, dass es sich gar nicht um eine osteomalacische Knochen- veränderung, sondern um eine andere Krankheit handelte. In einigen anderen als acute Osteomalacie bezeichneten Fällen, so in dem I.Falle von Finkelnbueg 3), wo eine Frau nach der 4. Entbin- dung binnen acht Wochen in acuter Weise von Verkrümmung des Rück- grats befallen wurde, und in dem 1. Falle von v. Weber-Ebenhof ^), wo dieser an dem Becken einer Frau, welche nach der 6. Entbindung bett- lägerig blieb und 9 Monate hernach starb, den characteristischen Schna- bel und deutliche Dehnbarkeit vorhanden fand, ist es nicht ausgeschlos- sen, dass der osteomalacische Process schon früher begonnen und also längere Zeit bestanden habe. Meinem Dafürhalten nach steht daher der Beweis, dass es eine acute Form der Osteomalacie gibt, noch aus. Uebrigens ist leicht ersichtlich, dass meine vorhin zur Erklärung der osteomalacischen Knochenveränderung und ihrer mannigfaltigen Bilder aufgestellten Annahmen für die gewöhnliche Osteomalacie selbst dann nicht ihre Berechtigung verlieren können, wenn es durch neue Beo- bachtungen sichergestellt werden sollte, dass auch in acuter Weise ein der osteomalacischen Knochenveränderung analoger Zustand zur Entstehung kommen kann. Ich gehe nun zu dem zweiten Punkte über, auf welchen sich meine Annahmen stützen, nämlich zu den Appositionsvorgängen in den osteomalacischen Knochen. Vor allem erinnere ich an die schon früher bei der Besprechung der kalklosen Knochensubstanz dargelegte Thatsache, dass im Bereiche gewisser Stellen die kalklosen Knochenpartien vielfach von geflecht- artiger, parallelfaseriger überhaupt von nichtlamellöser Bauart sind; da eine solche unter normalen Verhältnissen in den Knochen Er- 1) C. Schmidt, Knochenerweichung durch Milchsäurebildung. Annalen der Chemie und Pharmacie. 61. Bd. 1847. S. 331. 2) 1. c. S. 713. 3) FiNKELNBUEG, Ueber Osteomalacie mit Irresein. AUg. Zeitschr. f. Psychi- atrie. 17. Bd. 1860. S. 204. 4) V. Weber-Ebenhop , Die Osteomalacie mit bes. Rücksicht auf dehnbare sog. Gummibecken. Prager Vierteljahrschr. 1873. XXX. Jahrg. l.Bd. S. 84, 85.]](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b2107270x_0125.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)