Volume 1
Bericht über die Entwickelung der chemischen Industrie während des letzten Jahrzehends im Verein mit Freunden und Fachgenossen / erstattet von Dr. A. W. Hofmann.
- Hofmann August Wilhelm von, 1818-1892.
- Date:
- 1875-1877
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Credit: Bericht über die Entwickelung der chemischen Industrie während des letzten Jahrzehends im Verein mit Freunden und Fachgenossen / erstattet von Dr. A. W. Hofmann. Source: Wellcome Collection.
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![Schwäche, Geschwüren, Brand, Tumor albus und scrofulösen Knochen- krankheiten nützlich gefunden habe. Yon diesen Ansichten ist man jedoch aus chemischen sowohl wie aus physiologischen Gründen wieder zurückgekommen.“ „Bei Asphyxie durch Luftmangel oder durch Einathmen schädlicher Gase kann das Einathmen von Sauerstoffgas wohl nützlich sein. Aus dem- selben Grunde hat man es auch hei Krampfasthma mit Erstickungs- gefahr einathmen lassen. Allein es ist, wo es wahrscheinlich nicht einmal aufgenommen werden kann, höchstens nur ein Palliativum und kann durchaus nicht neuen Anfällen Vorbeugen. Berücksichtigt man bei der Anwendung des Sauerstoffs die früher besprochene physische Wirkung desselben, so wird man wohl leicht finden, dass in den meisten Fällen, wo Sauerstoff eingeathmet wurde, derselbe nichts helfen konnte, und dass überhaupt von der therapeutischen Anwendung desselben nur in wenigen Fällen etwas und auch hier nur wenig zu erwarten ist.“ Dies hindert nicht, dass ein in Berlin kürzlich eröffnetes Inhala- torium Sauerstoff zu 6 Sgr. den Cubikfuss (20 Rmk. pr. cbm) und Sauerstoff- wasser die Flasche zu iy2 Sgr. (15 Pfennigen) verkauft. Da Wasser von 0° nicht 4 p.C. seines Yolums absorbirt, enthält eine halbe Liter- flasche also nicht 20 cbcm oder 0‘0017 g dieses Gases! Dass von einer solchen Dosis Wirkung erwartet werden kann, erscheint unver- ständlich. So wie Reisenden concentrirte Nahrungsmittel empfohlen werden, ist Denjenigen, welche die höchsten Bergspitzen ersteigen oder mit Luft- ballons Höhen erreichen wollen, in welchen die Verdünnung der Atmo- sphäre ihnen gefährliche Beschwerden verursacht, als concentrirtes Athem- mittel Sauerstoff angerathen worden ]). P. Bert2) hat sich und Andere in passenden Apparaten Luftverdünnungen ausgesetzt, welche diejenigen der höchsten bisher erreichten Höhen bei Weitem übersteigen. Athem- noth und Erstickungserscheinungen, wie sie bei einem Barometerstand von 300 bis 250mm auftraten, wurden nach ihm durch einen Athem- zug reinen Sauerstoffs sofort gehoben. Verdünnung desselben mit atmo- sphärischer Luft erwies sich vortheilhafter als das reine Gas und auf einer Luftschifffahrt, welche Croce Spinelli und Sivel am 22. März 1874 von Paris aus unternahmen, führten sie derartige Gemenge, welche 45 und 75 p.C. Sauerstoff (also 55 und 25 p.C. Stickstoff) enthielten, mit sich. Sie vermochten mit Hilfe dieses Athemmittels in Höhen von mehr als 6000 m mit Müsse und ohne körperliche Beschwerde werth- volle physikalische Beobachtungen anzustellen8), und wenn es auch Glaisher gelungen ist, ohne dieses Hilfsmittel noch grössere Höhen J) So von Fonvielle (La Science enBallon. Paris 1869) etc. 2) Bert, Compt. rend. 1874, 911. 3) Conipt. rend. 1874, 946. 2 *](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21693808_0001_0045.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)