Volume 1
Bericht über die Entwickelung der chemischen Industrie während des letzten Jahrzehends im Verein mit Freunden und Fachgenossen / erstattet von Dr. A. W. Hofmann.
- Hofmann August Wilhelm von, 1818-1892.
- Date:
- 1875-1877
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Credit: Bericht über die Entwickelung der chemischen Industrie während des letzten Jahrzehends im Verein mit Freunden und Fachgenossen / erstattet von Dr. A. W. Hofmann. Source: Wellcome Collection.
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![erwähnt werden, ebenso die Gläubigkeit, mit welcher danach bereitete sogenannte „Ozonbäder“ trotz oder wegen ihres hohen Preises Abnahme finden. Jedenfalls ergiebt sich, dass eine industrielle Darstellungs- methode von Ozon bisher noch ein unerfülltes Desideratum ist. Nur der höchste Zweig der Industrie, derjenige, für welchen mit Recht kein Preis zu theuer erachtet wird, weil sein Object die Gesundheit ist, die Medicin, hat die bisherigen Methoden für genügend erachtet, um das Ozon in ihr Bereich zu ziehen. Diesem Bestreben lag die von Schönbein gemachte Beobachtung zu Grunde, welche Andrews seit- her ausser Zweifel gestellt hat1), dass die Luft der Städte und selbst gut ventilirter Zimmer auf dem Lande kein Ozon enthalte, welches sich dagegen in der freien Landluft immer nachweisen lässt, und die aller- dings unbewiesene Vermnthung Schönbein’s vom Zusammenhang der Epidemien mit Ozonmangel. Besonders ist neuerdings Lender für die medicinische Ver- wendung des Ozons und seine Wirksamkeit eingetreten, indem er Ozon- inhalationen und den fortgesetzten Gebrauch von Ozonwasser gegen Tubereulose, Gelenkrheumatismus, Glaucom, Asthma, Gicht u. s. w. empfiehlt2). Dass seine Bemühungen die Zustimmung des ärztlichen Publicums nicht gefunden haben, ergiebt sich aus einer Discussion der Berliner medicinischen Gesellschaft, die am 29. October 1873 unter dem Präsidium von Langenbeck’s stattfand3) und in welcher diese Methode ausser Lender nicht einen Vertheidiger fand, wohl aber lebhaften Widerspruch erfuhr. 0: Liebreich führte dort namentlich an: Das Ozon sei so leicht zersetzlich, dass es unmöglich sei, das- selbe ins Blut überzuführen; dasselbe werde schon auf dem Wege zu den Respirationsorganen zersetzt; Inhalationen davon seien also reine Sauerstoffeinathmungen, und zur Desinfection von Krankenzimmern gebe es einfachere und bessere Mittel. Zu erwähnen bleiben hierbei immerhin die Beobachtungen Schöne’s 4) und Houzeau’s5), dass nach Manipulationen mit Ozon den Händen, sowie Kleidern aus Flanell oder anderen Geweben der Geruch des Ozons längere Zeit anhaftet: seine Zersetzung also keine augenblickliche zu sein scheint. Dass die physiologische Wirkung stark ozonisirten Sauerstoffs eine sehr bedeutende ist, ergiebt sich aus neuen Versuchen von Dewar und MacKendrick 6). Durch Induction ozonisirter Sauerstoff, welcher höchstens 10 p.C. Ozon enthielt, tödtete kleine Thiere, welche man darin athmen liess, Kaninchen, Mäuse und kleine Vögel, die beiden ') Andrews, Nature 1874, 366. 2) Lender, Göschen’s Deutsche Klinik 1872 u. 1873. 3) Klinische Wochenschrift 1873, 588,589. 4) Schöne, Ber. Chem. Ges. 1873, 1226. 5) Houzeau, Ann. chim. phys.. [4] XXYII 16. c) Dewar u. MacKendrick, R. Soc, Edinb. Proc, Session 1873—1874.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21693808_0001_0051.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)