Lehrbuch der Ohrenheilkunde : für practische Ärzte und Studirende / von Dr. Adam Politzer.
- Ádám Politzer
- Date:
- 1887
Licence: Public Domain Mark
Credit: Lehrbuch der Ohrenheilkunde : für practische Ärzte und Studirende / von Dr. Adam Politzer. Source: Wellcome Collection.
Provider: This material has been provided by the Harvey Cushing/John Hay Whitney Medical Library at Yale University, through the Medical Heritage Library. The original may be consulted at the Harvey Cushing/John Hay Whitney Medical Library at Yale University.
149/588 (page 135)
![Ceruminalpfröpfe, dürfte es sich, nach der Darstellung jener Befunde zu schlies- sen, in der Mehrzahl um Folgezustande abgelaufener Mittelohreiterungen gehan- delt haben. Diagnose. Bei der Spiegeluntersuchung, nicht selten aber auch schon mit freiem Auge sieht man den Gehörgang entweder durch eine lichtgelbe oder schwarzbraune, fettigglänzende oder glanzlose Masse verlegt, welche sich bei der Berührung mit der Sonde entweder teigig, halbflüssig oder steinhart anfühlt. Irrthümlich können als Ceruminal- pfröpfe imponiren: zu braunen Krusten eingetrocknete, mit Epidermis gemengte Eiter- und Cholesteatommassen nach abgelaufenen Otorrhöen, eingetrocknetes Blut, ferner von Cerumen eingehüllte Fremdkörper und nicht selten Baumwollpfröpfe, welche in die Tiefe gelangen und nach längerer Zeit braun gefärbt werden. Die obturirenden Pfropfe zeigen häufig einen Abdruck der äusseren Flache des Trommelfells mit dem Umbo und einem dem kurzen Fortsatze entsprechenden Grübchen. Die Masse besteht entweder vorwaltend aus Ceruminalsecret oder zum grossen Theile aus verhornten Epidermiszellen (W reden, Cl. J. Blake) oder ineinandergeschachtelten oder spiralig zusammengewundenen (Bezold) Epidermisplatten und abgestossenen Härchen mit spärlicher Beimengung von Ohrenfett und Cholestearin. Prognose. Dieselbe darf, in Bezug auf die Wiederherstellung der Hörfunction, nur dann günstig lauten, wo die Schwerhörigkeit plötzlich nach einem Bade oder beim Waschen entstand, weil dann mit Wahrscheinlichkeit ein primärer Ceruminalpfropf als Ursache der Hörstörung angenommen werden kann. Wo dies nicht der Fall ist, rauss man mit Rücksicht auf die Thatsache, dass häufig die Ceruminal- anhäufung mit Adhäsivprocessen im Mittelohre oder mit Labyrinther- krankungen combinirt ist (nach Toynbee unter 200 Fällen 160 mal), mit der Prognose sehr vorsichtig sein. Das Besserhören der Stimm- gabel auf dem verstopften Ohre oder der ausfallenden Rinne dürfen nicht als Zeichen der Obturation angesehen werden, da dasselbe Er- gebniss auch bei Mittelohrerkrankungen beobachtet wird. Wird hin- gegen die Stimmgabel durch die Kopfknochen auf dem besser hören- den Ohre percipirt, so liegt der Verdacht nahe, dass eine Complication mit einer Labvrintherkrankung vorliegt. Therapie. Die Entfernung der Ceruminalpfröpfe wird am sichersten durch kräftige Einspritzungen mit warmem Wasser be- werkstelligt. Man bedient sich hiezu einer grösseren, 100—200 g hältigen Spritze, durch welche der Pfropf um so rascher heraus- befördert wird, wenn man den Ansatz mit einem vorne abgerundeten, glatten Gummiröhrchen verbindet und dasselbe bis zum Pfropfe ein- schiebt. (Vgl. die Abbildung im Abschnitte „Therapie der chronischen Mittelohreiterungen.) Die sofortige Ausspritzung bei der ersten Untersuchung ist nur dann angezeigt, wenn der Pfropf fettglänzend ist und bei der Sondi- rung sich weich anfühlt. Wo sich hingegen der Pfropf als glanzlos, trocken und hart erweist, ist es zweckmässiger, denselben früher durch Einträufelung von lauwarmem Wasser, von verdünntem Glycerin oder Oel, am besten aber durch Eingiessen einer Soda-Glycerinlösung zu erweichen. (Natri carbon. 0,5. Aqu. dest. c. Glycerin. pur, ana 5,0. S. 3mal täglich 10 Tropfen warm einzuträufeln.) ]Nach 24 Stunden ist](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21007871_0149.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)