Lehrbuch der Ohrenheilkunde : für practische Ärzte und Studirende / von Dr. Adam Politzer.
- Ádám Politzer
- Date:
- 1887
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Credit: Lehrbuch der Ohrenheilkunde : für practische Ärzte und Studirende / von Dr. Adam Politzer. Source: Wellcome Collection.
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![Aetiologie. Das Othämatom entsteht am häufigsten in Folge von Trauma, seltener spontan. In einem von Brunner (A. f. 0. B. V) be- schriebenen Falle wird als Ursache die längere Berührung der Ohrmuschel mit einer kalten Fensterscheibe angegeben. Der Umstand, dass oft bei starker Gewalteinwirkung die Ohrmuschel intact bleibt, während oft ein leichtes Ziehen an derselben genügt, um einen Bluterguss an derselben hervorzurufen, macht es wahrscheinlich, dass häufig gewisse Gewebsverände- rungen im Ohrknorpel als prädisponirende Momente für die Entstehung des Othämatoms bestehen. Als solche werden von L. Meyer, Pareidt, Haupt, Leubuscher, Simon, Yirchow, Fürstner und J. Pollak Degeneration des Ohrknorpels: Erweichung und Spaltbildung, Bildung von Höhlen mit sulzigem, homogenem Inhalte, Gefässwucherung und Neubildung angegeben. In einem Falle von linksseitigem Othämatom fand ich am rechten Ohre, entsprechend der afficirten Stelle der anderen Seite, eine 4—5 mm grosse undurchsichtige Verdickung des Knorpels, welche auf eine symmetrische, zum Othämatom prädisponirende Gewebsveränderung schliessen Hess. Es wäre übrigens denkbar, dass öftere Insulte solche Veränderungen im Knorpel hervorrufen, dass schliesslich schon bei geringer Krafteinwirkung ein Blut- erguss erfolgt. Unter den vom Oberstabsarzte Dr. R. Chi man i im Verlaufe von 14 Jahren beobachteten 27 Fällen waren 21 traumatischen, 6 spontanen Ursprungs. In 19 Fällen der ersten Categorie, wo die Provenienz amtlich festgestellt wurde, entstand das Othämatom an der linken Muschel 9mal durch Ohrfeigen, 2mal durch Faustschläge, lmal durch Zerren, Imal durch Schlag mit der Bajonett- scheide, am rechten Ohre 2mal durch Ohrfeigen, 3mal durch Schlag und lmal, complicirt mit Trommelfellruptur, durch Sturz ins Wasser von bedeutender Höhe. In den erübrigenden 2 Fällen von Othämatom der linken Ohrmuschel blieb die Angabe, ob dieselben durch eine Ohrfeige entstanden, zweifelhaft. Die 6 spontanen Othämatome sassen 4mal an der linken, 2mal an der rechten Muschel. Von den im Alter von 21—26 Jahren stehenden Individuen waren 5 voll- kommen gesund und nur einer durch Wechselfiebercachexie herabgekommen. 21 Fälle wurden geheilt entlassen, bei 5 Fällen blieb eine mehr oder weniger ausgesprochene Dififormität der Ohrmuschel zurück, in einem Falle ging der Ohr- knorpel durch Vereiterung zum grossen Theile verloren. Vorkommen. Das Othämatom kommt bei gesunden Individuen, auffallend häufig jedoch bei Geisteskranken vor. Oefter wird di< linke Ohrmuschel befallen, selten ist das Hämatom beiderseitig (Hun). Während Gudden, gestützt auf das häufige linksseitige Auftreten, dasselbe lediglich auf Trauma (Misshandlung) zurückführen will, glaubt Simon (Berl. Kl. Wochenschr. 1865), als Ursache des Othämatom^ bei Irren stets Gewebsveränderungen in der Muschel annehmen zi müssen. Roosa (1. c.) endlich bringt das Othämatom der Geistes- kranken mit der Cerebralerkrankung in Zusammenhang, indem er siel auf das Experiment Brown Sequard's stützt, der nach Durchschnei- dung des Corp. restiforme bei Thieren die Entstehung eines Blut- ergusses in der Ohrmuschel beobachtet hat. Symptome. Das Othämatom erscheint im Beginne als ein« blaurothe, kugelige oder unebene, teigig oder prall sich anfühlende, selten deutlich fluetuirende Geschwulst an der vorderen Fläche dei Ohrmuschel. Das spontane Othämatom erreicht selten die Grösse de* traumatischen. Während bei jener die Geschwulst meist nur kleinen Abschnitte der coneaven Fläche der Muschel, namentlich die Conchf und die Fossa intercrur. einnimmt, findet man beim traumatische] Othämatom eine, fast die ganze vordere Fläche der Ohrmuschel be-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21007871_0180.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)