Handbuch der Staats-Arzneikunde für Aerzte, Medicinal-Beamte und Gesetzgeber / bearbeitet von L. Krahmer.
- Krahmer, Friedrich Ludwig, 1810-1893.
- Date:
- 1874-1876
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Credit: Handbuch der Staats-Arzneikunde für Aerzte, Medicinal-Beamte und Gesetzgeber / bearbeitet von L. Krahmer. Source: Wellcome Collection.
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![Lehre und die Erfolge seiner Einrichtungen wuchsen mit der Mannich- faltigkeit der Verhältnisse, wie mit dem Umfange des Kreises, in dem sie zur Geltung kamen. Die ältesten bekannten Gesetzbücher, z. 1>. die von Moses, enthalten zahlreiche hygieinische Verordnungen. Pli- n i u s und V i tr u v i u s diskutiren bereits die Bekömmlichkeit der Quellen mit Rücksicht auf ihren Abfluss nach Süden oder Norden. Von einer wissenschaftlichen Bedeutung des damaligen staatsarz- neilichen Wesens kann keine Rede sein. Die exakte Methode natur- wissenschaftlicher Forschung war noch nicht bekannt. Selbst ein Ari- stoteles versuchte die Heilkunst nicht als natürliche Entwicklung eingetretener, oder veranlasster Körperzustände, sondein als ein Spiel des Zufalls zu erklären. („ov /«(> avO-Qcojrov vyia^si o larQtvcov, jilfjv aU} 7 xcan övfißeß?]x6g.“ Aristot. Metaph. 1.). Es verlohnt sich für meinen Zweck nicht der Mühe, den Spuren staatsarzneilicher Entwicklung bei den älteren Kulturvölkern nachzu- gehen. Man findet des für uns Brauchbaren zu wenig. Literarische Beweismittel führen auf eine bereits vorgeschrittenere Entwicklung der Staatsarzneikunde erst gegen Anfang des 17. Jahr- hunderts. Sie weisen auf Italien als die Wiege dieser Wissenschaft. Der Florentiner Arzt Fortunato Fideie gab das literarische Material, das er behufs der Beantwortung an ihn ergangener, staatsarzneilicher Anfragen über gesundheitsgemässen Aufenthalt, über Anlagen von Städten und Fabriken, über Bedenken gegen gewisse Ehen, über Schwangerschaft, Geburt, verdorbene Nahrungsmittel und über v. a. Gegenstände im Verlauf seiner Praxis sich gesammelt hatte, im Jahre 1603 zu Palermo heraus. Seinem glänzend anerkannten Beispiele folgte bald der damalige Chef des römischen Medicinalwesens Paulus Zacchias, dessen quaestionum mcdic. legal, libr. VII. vom Jahre 1621 — 1635 zu Rom erschienen. Ihnen nacheiferten in Deutschland Scbiz, W e 1 s c h, A m m a n n, B o h n, Zit t m a n n, V a 1 e n t i n i u. A. I)ie genannten deutschen Autoren waren Universitätsprofessoren und Mit- glieder der damaligen höchsten Medicinal-Instanzen. Sic gaben, wie Fi dele, ihre gelegentlich für die Beantwortung von Anfragen zusammen- gestelltcn Ansichten und Erfahrungen heraus. Ihre Schriften gleichen so ziemlich kritiklos redigirten Sammeljournalen unserer Tage. Den damaligen Verhältnissen der deutschen Rechtspflege entsprechend er- gingen Anfragen an die medicinischcn Fakultäten weniger von den Verwaltungsbehörden, als von den Gerichten. Jene Sammelwerke sind hauptsächlich, wenn nicht ausschliesslich, gerichtlich-medicinischcn Inhaltes. Auf die Medicinalverwaltung hatten die medicinischcn Fakul- täten selbst da keinen Einfluss, wo von ihnen, wie z. B. in Witten- berg, Physiker angestellt und Berichte eingefordert wurden.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b28125903_0029.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)