Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch.

Date:
1907
Catalogue details

Licence: In copyright

Credit: Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch. Source: Wellcome Collection.

    17/1160 (page 3)
    witz zurück; M. besuchte nun ein Jahr lang das Gymnasium seiner Vaterstadt. Im Herbst 1863 siedelte die Mutter mit 3 Kindern nach Wien über. Die Veranlassung war, daß die eine ältere Schwester, die ein außerordentliches Talent zum Gesang besaß, sich hierin ausbilden sollte. Die Reise war diesmal bequemer, die Wagenfahrt kürzer, indem bereits Eisenbahnverbindung von Lemberg nach Wien existierte. In Wien be- suchte M. das Theresianum als Externist; auch hier zeichnete er sich durch Fleiß aus. Da die jüngere Schwester ein Engagement ans Landestheater in Klagen furt angenommen hatte, zog die Mutter mit den jüngeren Kindern im Herbst 1864 dorthin. M. besuchte daselbst das Gymnasium der Benediktiner. Die Ordensbrüder wurden auf den vielversprechenden Knaben bald aufmerksam. Dazu kam, daß sie, als sie sein musikalisches Talent bemerkten, ihn bei ihren Morgenandachten als Orgelspieler ver- wandten. M., der früher nie Orgelunterricht gehabt hatte, erlernte das Spiel autodidaktisch. In den kalten Dezembertagen, zur Adventszeit, ging der damals recht zarte Knabe jeden Morgen um 3/A5 zur Kirche und waltete seines Amtes, und das L/2 Stunde lang bei bitterer Kälte in der Kirche. 1902, als wir einmal durch Klagenfurt kamen, führte uns M. durch die Räume der Klosterschule und erzählte uns viel von der hier verlebten Jugendzeit. Er gewann bald die Sympathien aller; nament- lich Bruder Graf Benno nahm sich seiner als väterlicher Freund an. Damals war M. nahe daran, Geistlicher zu werden; die Mönche re- deten ihm sehr zu; er war auch keineswegs abgeneigt, seine Zukunft wäre ja damit gesichert gewesen. Doch scheiterte der Wunsch an dem energischen Veto des Vaters, der sehr liberale Anschauungen hegte und es nie zugelassen hätte. Die Verhältnisse der Familie waren damals recht beschränkte, und die Ausbildung der Kinder legte dem Vater große Opfer auf. M. suchte daher spontan nach seinen Kräften zum Unterhalte beizu- steuern und gab jüngeren Schülern Privatstunden in den Gymnasial- fächern. So war er zugleich Schüler, Lehrer, Organist, und das alles gleich wacker. Mit schweigender Selbstverständlichkeit ertrug er alle Entbehrungen; eine für den schmächtigen 14-jährigen Knaben stattliche Leistung, eine harte Schule des Lebens! Hier stählte er seinen Charak- ter und seine Energie. Die Schwester, welche Sängerin war, erlag 1866 einem Typhus. Die Familie zog wieder nach der Heimat zurück. Nach einjährigem Schulbesuch in Cz emo witz kam M. im Herbst 1867 zu einem Onkel nach Hermannstadt in Siebenbürgen. Hier wurde die regelrechte musikalische Ausbildung fortgesetzt durch theoretischen und praktischen Unterricht. Dies war auch zugleich der letzte Klavierunterricht, den er je genoß. Er verließ Hermannstadt bereits nach einem Jahre 1*