Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch.

Date:
1907
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Credit: Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch. Source: Wellcome Collection.

    188/1160 (page 174)
    Kollegen Kuliga mir freundlichst überlassenen Präparate bei. — In einem Stückchen der Sinuswand, dem Thrombenmaterial anhaftete, konnte ich im Thrombus überall verstreut, in der Venenwand nur stellenweise, kleine Streptokokkenhäufchen durch Färbung nachweisen. Ueberblicken wir die ganze Krankengeschichte und den Befund post mortem, so wäre zunächst hervorzuheben, daß der Fall, wenn man sich an den Buchstaben der KÖRNERschen Definition halten wollte, in dessen Sinne nicht als „Sepsis“, und nicht in Eulensteins Sinne als „Toxinämie“ bezeichnet werden dürfte. Es fanden sich ja richtige Metastasen, ohne Zweifel verursacht durch Verschleppung von infiziertem Thrombusmaterial. Als charakteristisch für den Sektionsbefund bei der septischen Verlaufsform bezeichnet aber Körner das Fehlen metastatischer Abszesse. Jedoch glaube ich, daß man da nicht am Buchstaben kleben darf; die wesentliche Eigentümlichkeit der sep- tischen Verlaufsform ist doch, daß die Vergiftungserscheinungen in den Vordergrund treten gegenüber den Erscheinungen, welche die Ver- schleppung infizierter größerer Emboli hervorruft; und gerade das war bei unserer Kranken der Fall. Nicht eine Zerstörung lebenswichtigen Gewebes durch eiterige Einschmelzung, wie bei einem Lungenabszeß, sondern die lähmungsartige Funktionsstörung des Hirns, des Herzens etc. bedingte den tödlichen Ausgang. Als Ursache für diese toxischen Funktionsstörungen können wir nun freilich nicht ausschließlich im Blut zirkulierende Toxine an- sehen, sondern müssen auch Toxinbildungsstätten in den ein- zelnen Organen annehmen; dazu drängt der mikroskopische Befund. Aber ob sich nicht auch in den bisher berichteten, von Körner und Eulenstein zusammengestellten Fällen bei mikroskopischer Durch- forschung der Organe mit „parenchymatöser Trübung“ und „trüber Schwellung“ auch solche minimalen Emboli und Infiltrationsherdchen gefunden hätten, das ist aus den Mitteilungen über die Autopsiebefunde nicht zu ersehen. In der Milz hatte sich meistens eine beträchtliche Schwellung entwickelt, in anderen inneren Organen der verschiedensten Art fanden sich gelegentlich Hämorrhagien, in einem Falle von Körner saßen zwei Tuberkelknötchen auf der Pia der Konvexität. Ob diese letzteren sich mikroskopisch nicht vielleicht als ähnliche Herde heraus- gestellt hätten, wie in unserem Falle?1) In den Mitteilungen, deren Ori- ginale ich habe einsehen können, ist nichts darüber erwähnt. Bis zur Bildung makroskopisch sichtbarer Abszesse werden so massen- haft ausgesäte virulente Mikroorganismen, und namentlich Strepto- kokken, dem Organismus keine Zeit lassen; es kommt vorher bereits zum Tode. Aber zwischen einem auch mikroskopisch völlig negativen 1) Nach freundlicher persönlicher Auskunft von K. sind die Herdchen mikroskopisch nicht untersucht worden.