Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch.

Date:
1907
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Credit: Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch. Source: Wellcome Collection.

    212/1160 (page 198)
    das sprach für die Annahme, die sich schon vor der Operation auf- drängte, daß es sich nämlich vorwiegend um eine seröse, durch Toxin- aufnalime bewirkte Meningitis oder Meningo-Encephalitis gehandelt hat. Die Flüssigkeit stand unter ziemlich hohem Druck, und im weiteren Verlaufe schwankte dieser Druck offenbar nicht unerheblich. Nach der ersten Operation bis dahin, wo die Zeichen der Thrombophlebitis im oberen Längsblutleiter deutlich wurden, floß gar nichts ab: das in den Spalt prolabierende Cerebellum war offenbar bei dem mäßigen Druck im stände, ihn gewissermaßen ventilartig zu schließen. Erst als der Druck des Liquor cerebrospinalis durch die weitere Ausbreitung der Sinusphlebitis und damit reichlichere Toxinresorption noch mehr stieg, konnte der Liquor wieder abfließen. Trotzdem muß der intrakraniale Druck noch erheblich geblieben sein: während langer Zeit quoll die ganze von Knochen entblößte Durapartie gewissermaßen aus der Knochen- wunde vor, und erst als sich alle freigelegten Sinuswände gereinigt, alle Nekrosen an ihnen abgestoßen hatten, sanken diese Durapartien wieder ins Niveau der Schädelinnenfläche zurück; während dieser ganzen Zeit aber erfolgte auch reichlicher Abfluß von Cerospinalflüssigkeit. Ich glaube, daß man diesen Abfluß von Cerebrospinalflüssigkeit als einen die Heilung sehr begünstigenden Faktor ansehen muß: lag der Meningo- Encephalitis serosa eine Toxinresorption aus den infizierten Durapartien zu Grunde, so war die Gefahr einer Gewebsschädigung, die das Seßhaft- werden und Agressivwerden der Entzündungserreger selbst nur be- günstigen muß, sehr groß. In den sämtlichen Todesfällen, die bei einer nach dem Confluens hin und darüber hinaus ausgebreiteten Sinus- phlebitis zu stände kamen, wie auch z. B. in unserem Falle VII war die eiterige Meningitis, zuweilen allerdings neben anderen, metastatischen Erkrankungen am tödlichen Ausgange schuld. Ich glaube, daß die frühzeitige Durainzision, die den Abfluß der toxinhaltigen Cerehrospinal- flüssigkeit ermöglichte, so daß der Arachnoidealsack gewissermaßen sich selbst ausspülen konnte, in unserem Falle die Heilung mindestens er- leichtert hat. Wir sehen aus dieser Beobachtung auch wieder, wie wenig gefährlich eine solche Durainzision ist, wenn man nur verhütet, daß bei dem Einschneiden Entzündungserreger in den Arachnoidealsack eingeschleppt und verbreitet werden — und selbst dann ist, wenn die Duraöffnung in eine mit hochgradig virulenten Entzündungserregern gefüllte Wunde sich öffnet. Als Seltenheit ist noch die kurz vor der ersten Operation einge- tretene spontane, offenbar durch Blutdrucksteigerung beim Husten pro- vozierte Sinusblutung zu erwähnen. Eine Frage ist in unserem Fall nicht ganz aufgeklärt, ob nämlich eine Labyrinthinfektion bei der Patientin vorliegt. Die absolute Taub- heit auf diesem Ohr, die noch fortbesteht, spricht entschieden dafür, anderweitige Anhaltspunkte konnten wir vor der Operation nicht ge-