Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch.

Date:
1907
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Credit: Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch. Source: Wellcome Collection.

    253/1160 (page 239)
    zerrissen werden. Das wären diejenigen Kapselgefäße, die sich aus dem Innern der Niere heraus in die Kapsel verbreiten und bei dem Abziehen der Tunica fibrosa von der Nierenoberfläche leicht ver- letzt werden. Und gerade diese Gefäße scheinen mir gewissermaßen Schutzvorrichtungen zu sein zur Erhaltung des physiologischen Gleich- maßes der Zirkulation in der Niere. Sehr lehrreich war für mich in dieser Hinsicht der Befund bei einer Nierensteinoperation, bei der ein Stein im Nierenbecken den Eingang zum Ureter vollständig verlegte, und bei dem die Niere im Zustand starker Stauung war. Die Patientin hatte noch wenige Tage zuvor eine starke Kolik gehabt. Hier waren die Kapselgefäße außerordentlich stark erweitert und mit Blut gefüllt. Die Kapselgefäße bilden also offenbar die Ventile bei den hohen physiologischen Blutdruckschwankungen in der Niere, und dieser Schutzvorrichtung wird die Niere durch die Dekapsulation beraubt. Durch die Operation wird also in dieser Hinsicht dem Patienten geschadet. Aber mag diese Schädigung von mehr oder weniger großer Be- deutung sein, mag auch eine rationelle Erklärung für die Ileilei folge der Dekapsulation fehlen, so wäre es gleichwohl nicht gerechfertigt, die Operation schlechthin zu verwerfen. Wenn nur der Dekapsulation wirkliche Heilung einer so häufigen irreparablen Erkrankung folgen würde, wäre es dann nicht ein Unrecht, wenn man diese Operation nicht ausführen wollte? Indessen sehen wir uns die Arbeit von Edebohls etwas genauer an. Es fehlen vollkommen Experimente am Tiere. Würde die Dekapsulation bei der künstlich erzeugten Nephritis bald zur Heilung führen, so dürfte dies die Operation am Menschen recht- fertigen. Allerdings wäre hierbei noch zu berücksichtigen, daß es viel- leicht bei chronischer Nephritis nicht allein auf die Veränderungen in dem Organ ankommt, sondern auch auf die Ursache, die zu dieser Er- krankung geführt hat. Wir können noch nicht mit Bestimmtheit sagen, ob einer Masern-, einer Scharlachnephritis eine Nephritis aus anderen Gründen vollkommen gleichwertig ist und die gleichen Erfolge in Be- zug auf die Behandlung bieten dürfte. Eine Infektionskrankheit wie Scharlach oder Masern etc. bei Tieren zu erzeugen, dazu sind wir nicht im stände, aber auch auf andere Weise chronische Nephritis bei Tieren herbeizuführen, dürfte außerordentlich schwierig sein. Wohl aber wäre eine akute Nephritis durch Injektion von Kantharidin und Kalichlorat zu erzeugen. Edebohls hat nun keine Tierexperimente gemacht, nicht bei künstlich erzeugter Nephritis, auch nicht bei normaler Niere. Aber sehen wir selbst bei den Darlegungen Edebohls’ von dem Mangel an Tierexperimenten ab, so sind auch seine Krankheitsberichte bei diesen so hervorragend wichtigen Fällen so wenig eingehend, daß sie keines- wegs für beweiskräftig zu erachten sind. Bei den meisten Fällen fehlen die dürftigsten anamnestischen Angaben. In 16 lällen wird nichts über