Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch.

Date:
1907
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Credit: Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch. Source: Wellcome Collection.

    47/1160 (page 33)
    Daß sich in Deutschland keiner seiner Schüler auf einem Lehrstuhl befindet, liegt zum Teil vielleicht daran, daß M. so früh gestorben ist, zum Teil an den gegen früher geänderten Verhältnissen. Wir sehen, wie früher eigentlich in allen Fächern der Medizin eine oder wenige Schulen die Mehrzahl der Lehrstühle besetzten, in der Chirurgie z. B, die LANGENBECKsche, die BiLLROTHsche. Heutzutage ist das wesent- lich anders. Beinahe jeder Ordinarius zieht eine eigene Schule heran, die mehr oder minder umfangreich und bedeutend ist. Als Lehrer der Aerzte trat M. in Tätigkeit zunächst bei Kon- sultationen, bei denen er sehr beliebt und bekannt war wegen seines angenehmen Verhaltens zu den Aerzten und der Gründlichkeit der Untersuchung. Sehr interessierte er sich für die ärztliche Fortbildung, wenn er auch mit der Art und Weise, wie sie bisher ausgeführt wurde, und ihren Erfolgen keineswegs zufrieden war. Schließlich sind die Militärärztekurse anzuführen, die er, obwohl sie sich an das Ende des Wintersemesters anschlossen, wo er meist schon recht ermüdet und erholungsbedürftig war, stets selbst abhielt. M. war zweifellos ein ganz hervorragender Operateur. Bereits Billroth hat ihn für den technisch gewandtesten unter seinen Schülern erklärt. Er besaß eine auch für seine Größe kleine und sehr feine Hand; die Geschicklichkeit seiner Finger offenbart sich ja auch schon in seinem Klavierspiel. Seine Hand war ungemein sicher. Am besten zeigte er seine glänzende Technik wohl bei den Operationen am Magendarmkanal, speziell bei der Naht. Er operierte für einen deutschen Chirurgen mit außerordentlicher Schnelligkeit, ohne daß es ihm dabei, wie das bei den sogenannten Schnelloperateuren meist der Fall ist, auf den Rekord ankam. Nie durfte die Schnelligkeit auf Kosten der Sorgfalt, der Blutstillung gehen. Auf letztere legte er das aller- größte Gewicht: er klemmte jedes noch so kleine blutende Gefäß ab, unterband jedoch, sofern die Klemmen nicht den Fortgang der Operation störten, erst am Schlüsse derselben und nur die größeren Gefäße oder was von den kleinen dann noch blutete. Er brauchte viel Instrumente, meist eigener Konstruktion. Der ihm treu ergebene und absolut zu- verlässige Instrumentendiener Georg Kraft, den er von Königsberg mitgebracht hatte, reichte ihm die Instrumente. Bei den größeren Operationen assistierten zwei, bei ganz großen auch drei Aerzte. Doch die Technik macht ja nur einen Teil des Operateurs aus. So unruhig M. sonst war, so ruhig war er bei der Operation. Nichts Hastiges, keine überflüssige Bewegung, wie er auch keine solche bei den Assistenten duldete. Mit bewunderungswürdiger Schnelligkeit und Sicherheit stellte er von kleinen Schnitten aus die Diagnose und die Indikation zur Operation, durch einen kleinen Bauchdeckenschnitt fuhr er mit seiner kleinen Hand in den Leib und hatte selten später seine Aussage zu korrigieren. Gegenüber allen Situationen war er Herr. Mitteil. a. d. Grenzgebieten d. Medizin u. Chirurgie. Mikuliez-Gedenkband. 3