Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch.

Date:
1907
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Credit: Gedenkband für J. von Mikulicz / redigiert von W. Kausch. Source: Wellcome Collection.

    83/1160 (page 69)
    Die Kolopexie in ihrer einfachsten Form, bestehend in einfacher Annähung, hat sich als ungefährlicher Eingriff erwiesen. Lenormant fand bis Anfang 1903 (1. c.) unter 68 Fällen keinen Todesfall. Diesen Charakter der Ungefährlichkeit verliert sie aber, wenn sie mit Eröff- nung des Darmes, resp. Resektion verbunden wird, und selbst die an- scheinend harmlose Modifikation Rotters *) führte in der v. Eisels- BERGschen Klinik zu Wien (s. Weiss L c.) zu einer Kotfistel. Was die Dauererfolge anbetrifft, so hat die Kolopexie zahlreiche Rezidive aufzuweisen und Pachnio 1 2) berechnet dieselben sogar auf 54,5 Proz. Die Kolopexie ist meines Erachtens rationell erdacht. Eine Lockerung der oberen Befestigungsbänder des Mastdarms ist bei allen größeren Vorfällen wohl mit Sicherheit anzunehmen und deshalb kann die Kolopexie gewiß nützlich wirken. Was die oberen Befestigungsbänder des Mastdarms zu leisten im stände sind (die seitlichen Verbin- dungen der Fasciarecti mit dem Becken), kann man sich ver- gegenwärtigen, wenn man an die Resektionen und Amputationen des Mastdarms denkt und speziell an den Widerstand, den diese Gebilde dem Vorziehen des Darms hierbei leisten. Wenn die Kolopexie auch nur in der Hälfte für sich allein den Prolaps zu heilen im stände ist, so wird sie in der anderen Hälfte der Fälle sich zur Kombination mit anderen Operationsmethoden eignen, da sie in ihrer einfachsten Form einmal ungefährlich ist, andererseits sicher einem wesentlichen Faktor, resp. dessen Beseitigung, Rechnung trägt. 4) H. S., 65-jähr. Lehrer aus Tauroggen (Rußland). Operation 18. Juli 1902. Pat. ist vor 15 Jahren an Hämorrhoiden behandelt worden. Im letzten Jahre wieder Blutungen. Starke Anämie. Systolisches Geräusch au der Mitralis. Oedem beider Beine. Großer Mastdarmvorfall mit Hedrocele. Damm schlatf. Es wird zunächst Digitalis verabfolgt und gleichzeitig der Damm massiert. Als die Oedeme unter dem Einfluß der Digitalis geschwunden, wird 7 Wochen nach der Aufnahme die Kolopexie in der Mittellinie unter Narkose gemacht. Leichte Beckenhochlagerung. Nach Eröffnung des Bauchfellraumes und Auspackung der im großen und kleinen Becken liegenden Dünndarmschlingen, resp. Flexura sigmoidea findet sich ein beträchtlicher Rec-essus, welcher durch den Douglas gebildet wird und bis auf den Beckenboden anscheinend zwischen den Levatores ani hindurch herabreicht. Bei starkem Anziehen des Colon pelvinum fühlt der einge- führte Finger, daß der unterste Abschnitt des Rectums dicht über dem Beckenboden sich nicht straff anziehen läßt, sondern schlaff bleibt. Annähung des Colon pelvinum (nicht weit vom Uebergang zur Flexura sigmoidea) in der Bauchwunde in ca. 6 cm langer Ausdehnung. Der ca. 12 cm lange Bauchwandschnitt wird nur im Bereich der Kolopexie offen gelassen, tamponiert, der Tampon durch Silberdrahthautfaltennähte 1) Dtsch. med. Wochenschr. 2) Bruns’ Beitr., Bd. 45, 1905.