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Credit: Über Resorption und Secretion / von Arnold Spina. Source: Wellcome Collection.
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![Unter »Aufsaugung« stellte man sich keineswegs einen auf physi- kalischen Gesetzen beruhenden Vorgang vor. Man erblickte in ihr die Leistung einer besonderen, nur den Lymph- und Ghylusgefässen zukom- menden Lebenskraft. Dieser eigenthümlichen Kraft wurden aber ausser der Aufsaugung noch andere Verrichtungen zugeschrieben. In den biologischen Doctrinen w^urde damals noch die Meinung ver- treten , dass die Gesetze des Lebens der organisirten Materie von denen der unorganisirten durchaus verschieden seien, und dass das »Leben nichts anderes bedeute, als das Unabhängigsein von physikalischen Ge- setzen. Im Sinne dieser Lehre und von der Erfahrung geleitet, dass bei der Resorption im Darmkanale nur jene Bestandtheile der genossenen Nahrung von den Ghylusgefässen aufgenommen werden, welche dem Orga- nismus zuträglich sind, die schädlichen aber aus dem Körper entfernt wer- den , schrieb man den Ghylus- und Lymphgefässen das Vermögen zu. zwischen »Gutem und Bösem« zu unterscheiden. Dies war der Stand der Frage bis zum Jahre 1673, von welchem Zeit- punkte an man in dieser Sache das Experiment zu befragen anfing. Der erste Experimentator auf dem Gebiete der Resorptionslehre war meines Wissens Martin Lister i). Lister injicirte in den Magen eines Hundes Indigo und fand-, dass dasselbe nach einiger Zeit in die Chylusge- fässe des Darmes gelange. List er hat somit die Vermuthung, dass Flüssigkeiten aus dem Darme in die Ghylusgefässe eintreten, zu dem Range einer Thatsache erhoben. Mit Liste r's Experiment war aber ausserdem ein Ausgangspunkt für eine ganze Reihe von anatomischen Untersuchungen der Darmschleimhaut gegeben. So entdeckte Brunn 2] die Zotten des Dünndarms und erkannt«, dass dieselben bald prall gefüllt, bald collabirt gefunden werden, Helve- tius 3) beschrieb ihr schwammiges Gefüge. Er betonte das Prominiren der Zotten in die Lichtung des Darmes und erblickte darin eine Einrich- tung, welche eine raschere Durchtränkung der Zotten mit Nahrungssaft ermögliche. Inzwischen hatte man angefangen, durch Eintreiben von Injections- massen und Luft in die Lymphgefässe den Verlauf derselben näher zu Studiren. Da berichtete Nuck im Jahre 1691, dass die Lymphgefässe von den Blutgefässen aus injicirt werden können, und knüpfte daran die Schlussfolgerung, dass die Lymphgefässe kein isolirtes Röhrensysteni darstellen, sondern direcfr»mit den Blutgefässen in Verbindung stehen. 4) Citirt nach Erdmann's Beobacht. über die Resorptionswege. Inaug.-Dissert. Dorpat1867. 2) Glandulae duodeni -1687. 3) Observ. sur la Merabr. interne des intest. Hist. de l'acad. roy. 1721. Paris. 4) Adenographia curiosa. Leidae 1691.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b22299798_0006.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)