Die Hauptgesetze des menschlichen Gefuhls-lebens : eine experimentelle und analytische Untersuchung uber die natur und das Auf-treten der Gefuhlszustande nebst einen Beitrage zu deren Systematik.
- Lehmann, Alfr.
- Date:
- 1892
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Credit: Die Hauptgesetze des menschlichen Gefuhls-lebens : eine experimentelle und analytische Untersuchung uber die natur und das Auf-treten der Gefuhlszustande nebst einen Beitrage zu deren Systematik. Source: Wellcome Collection.
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![anderen Affekten aber durcli ein bestimmtes Band, namlich das friihere haufige ZusammentrefFen der Bewegungen, miteinander verbunden. Im Sclireck dagegen werden in alien motorischen Zentren Bewegungen ausgelost. 1st der Reiz, und somit auoh die urspriingliche Bewegung im Gehirn, ungewohnlicli stark, so irradiiert die Bewegung sogleich aus den niederen sensorischen Zentren in die motorischen, was deutUch in alien den Fallen zu sehen ist, in welclien ein Individuum alle sichtbaren Anzeichen des Erschreckens darbietet, ohne sich jedoch bewufst zu sein, welcher Art der Sinnesreiz gewesen sei. Rtihrt das Erschrecken dagegen von gewissen Vorstellungen her, so mufs die Bewegung ofFenbar die hoheren sensorischen Zentren erreicht haben, kann hier aber ihrer vagen Natur wegen nicht weiter schreiten (psychologisch gesagt: die erweckten dunklen Vorstellungen konnen keine anderen reproduzieren), und die Bewegung irradiiert deshalb nach anderen Zentren. In beiden Fallen scheinen aber die ausgelosten AfFektaufserungen allein durch das Vermogen des Nervensystems bestimmt zu sein, eine einmal entstandene Bewegung fortzupflanzen, so dafs der Einflufs des Reizes auf den Organismus um so starker wird, je grofser die Energie der ur- spriinglichen Bewegung ist. 374. Freude ist derjenige Zustand, der im entwickelten Bewufstsein durch einen mit starker Lust verbundenen Vorstellungs- komplex sehr verschiedenen Inhalts und Umfangs hervorgerufen wird. Die physiologischen Aufserungen bestehen in einer Gefafs- erweiterung an der Oberflache des Korpers, wahrscheinlich in Verbindung mit einer Vergrofserung des Umfanges der Herz- bewegungen und einer verstarkten Innervation der willkiirlichen Muskeln [111 u. 124]. Es liegt schon in der Natur der Sache, dafs bei dem kleinen Kinde von der Freude in demselben Sinne wie bei dem Erwachsenen keine Rede sein kann, weil es noch vollig an einem mehr zusammengesetzten Vorstellungsinhalt gc- bricht. Das Neugeborene ist indes im stande, Lust und Unlust zu fiihlen, was — wenn man es nicht als selbstverstandlich betrachtet — daraus zu schliefsen ist, dafs dasselbe sich unter solchen Verhaltnissen, die im Erwachsenen verschiedene Gefiihle hervorrufen wiirdcn, auf verschiedene Weise benimrat. AVenn das Kind saugt, sich im Bade von angemessener Temperatur behndet^ oder warm, trocken und gesattigt daliegt, so sperrt es die Augen auf; sobald eine Quelle der Unlust vorliegt, kneift es die Augen](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21272256_0316.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)