Die Hauptgesetze des menschlichen Gefuhls-lebens : eine experimentelle und analytische Untersuchung uber die natur und das Auf-treten der Gefuhlszustande nebst einen Beitrage zu deren Systematik.
- Lehmann, Alfr.
- Date:
- 1892
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Credit: Die Hauptgesetze des menschlichen Gefuhls-lebens : eine experimentelle und analytische Untersuchung uber die natur und das Auf-treten der Gefuhlszustande nebst einen Beitrage zu deren Systematik. Source: Wellcome Collection.
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![Entwickelung eines rationellen Systems. 410. Vor alien Dingen gehen wir davon aus, dafs es die Bewufstseinsziistande selbst sind, die wir einzuteilen haben, und dafs wir also [407] zufolge nur die psycliischen Abnlichkeiten und Verschiedenheiten der Gefiihle beriicksichtigen diirfen. Unsere vorhergehenden Untersuchungen fiihrten nun zu dem Ergebnis, dafs ein Gefiihlszustand vollig bestimmt sei, wenn wir: 1) die Oattung der mitbethatigten Gefiihlstone, Lust oder Unlust, 2) die Starke der Gefuhlstone, 3) die Art und Starke der Vor- stellungen, an welche die Gefiihlstone gebunden sind, 4) das gegenseitige Verlialtnis der betonten Vorstellungen und deren Verhaltnis zu anderen, gleiehzeitigen oder unmittelbar voraus- gehenden Vorstellungen kennen. Die Frage ist deshalb nur die: welche dieser Grofsen sind unabhangig variabel, da bei einer systematischen Ordnung, wie wir [405] sahen, nur die unabhangig variablen zu beriicksichtigen sind. 411. Bevor wir zu dieser Untersuchung iibergehen, wird es indes notwendig sein, vorerst eine einzelne Unklarheit zu ent- fernen, die sonst an einem spateren Punkte leicht Verwirrung anstiften konnte. Es ist namlich mit einer gewissen Schwierigkeit verbunden, zwischen Vorstellungsinhalt und Vorstellungsverhaltnis eine bestimmte Grenze zu ziehen. Gelegentlich wurde beriihrt [305], dafs im entwickelten menschlichen Bewufstsein von einer zusammengesetzten Vorstellung bis zu einem Gedanken nur ein sehr kurzer Schritt sei, so dafs man mit gewissem Recht die zusammengesetzte Vorstellung sogar einen nichtformulierten Ge- danken nennen konnte. Jeder Gedanke ist aber ein Verhaltnis zwischen zwei Vorstellungen, dem Subjekt und dem Pradikat. In dem Moment, da sich eine zusammengesetzte Vorstellung in ihre einzelnen Glieder auflost und die Form des Gedankens annimmt, geht also ein Vorstellungsinhalt in ein Vorstellungs- verhaltnis uber. So betrachtet, werden also eineMenge Vorstellungs- verhaltnisse in der That Vorstellungs- oder vielmehr Gedanken- inhalte, und mithin scheint die Grenze zwischen diesen beiden Bestimmungen durchaus zu verfliefsen. Die Schwierigkeit einer Sonderung ist jedoch nicht so grofs, wenn man nur den logischen und den psychologischen Gesichtspunkt auseinander halt. In logischer Beziehung ist ein Gedanke natiirlich ein Vorstellungs- verhaltnis, in psychologischer reprasentiert er nur einen Inbalt](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21272256_0351.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)