Die Hauptgesetze des menschlichen Gefuhls-lebens : eine experimentelle und analytische Untersuchung uber die natur und das Auf-treten der Gefuhlszustande nebst einen Beitrage zu deren Systematik.
- Lehmann, Alfr.
- Date:
- 1892
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Credit: Die Hauptgesetze des menschlichen Gefuhls-lebens : eine experimentelle und analytische Untersuchung uber die natur und das Auf-treten der Gefuhlszustande nebst einen Beitrage zu deren Systematik. Source: Wellcome Collection.
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![sich in grofserem oder geringerem Umfange Organemi)findungen mit demselben associiereii. Es wird deslialb unmoglicli, eine voUstandige systematische Ordnung der Gefilhle zu geben, es sei denn, dafs man den Organempfindungen einen besonderen Platz aufserhalb der Reihe des tibrigen Vorstellungsinhalts ein- riiumte. Diesem stellt sich aber auch niclits entgegen, um so weniger, da die Organempfindungen sclion an und fiir sich unter alien unseren Vorstellungen eine exzeptionelle Stellung ein- nehmen. Da unser Wissen von den in den einzelnen Affekten eintretenden Veranderungen des Gemeingeflihls sich noch gtir zu sehr auf dem Standpunkte der Hypo these befindet, wird es Yorlaufig wohl kaum moglicli sein, eine natiirliche Ordnung derselben zu geben. Wir denken uns deshalb das Gemeingefiihl mit seinen verschiedenen Modifikationen nur an einem einzigen Punkte L aufserhalb der Ebene des Rechtecks angebracht. Denkt man sich nun von L nach jedem Punkte des Rechtecks AD gezogene Linien, so wird jede dieser Linien die ver- schiedenen Starkegrade des betreffenden Gefuhls nebst den Organempfindungen darstellen, welche das primare Gefuhl seiner Art und Starke wegen zu reproduzieren vermag. Die also entstandene Pyramide enthalt nun samtliche emotionellen Zu- stande, die eigentlichen primaren Gefilhle sowohl als alle deren Ubergiinge in Affekt und Stimmung [79]. 417. Wenn die Schwierigkeiten einer faktischen Ordnung del' Gefilhle in einem derartigen tridimensionalen System nun auch so grofs werden sollten, dafs dasselbe sich niemals durch- fiihren lielse, so ist es darum doch nicht ohne Bedeutung. Schon als blofses Denkexperiment hat es das Interesse, dafs es eine Vorstellung von dem aufserordentlichen Reichtum unseres Gefiihls- lebens gibt. Denn nicht nur wird jede Vorstellung oder jeder Gedanke, dessen Gefilhlston iiberhaupt merkbar wird, einen eigentilmlichen Gefilhlszustand bedingen, sondern jeder derartige Vorstellungsinhalt wird aufserdem wegen der Beziehung, in welche er zu anderen Vorstellungen tritt, und wegen des Um- fangs, in welchem er Organempfindungen reproduziert, als wesentlicher Faktor an einer fast unendlichen Reihe von Gefiihls- modifikationen mitbeteiligt scin, zu deren Bezeichnung die Sprache bei weitem den erforderlichen Wortervorrat besitzt. Die Schwierig- koit, „unsere Gefuhle auszudrilcken, die uns taglich aufstofst, ruhrt wohl zum Teil daher, dafs zahllose Gefilhle so nahe](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21272256_0357.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)