Ergebnisse der neueren Sporozoenforschung : zusammenfassende Darstellung mit besonderer Berücksichtigung der Malariaparasiten und ihrer nächsten Verwandten / von M. Lühe.
- Lühe, Max, 1870-
- Date:
- 1900
Licence: In copyright
Credit: Ergebnisse der neueren Sporozoenforschung : zusammenfassende Darstellung mit besonderer Berücksichtigung der Malariaparasiten und ihrer nächsten Verwandten / von M. Lühe. Source: Wellcome Collection.
Provider: This material has been provided by King’s College London. The original may be consulted at King’s College London.
50/116 (page 40)
![e) Theoretische Bedeutung der Befunde. Die Untersuchungen, über welche vorstehend berichtet worden ist, haben gelehrt, daß die Malariaparasiten, welche mit dem Blute in den Darmkanal bestimmter Mückenarten gelangen {Culex-Arten beim Profeo- soma der Vögel, Anopheles-kYtevi bei den menschlichen Malariaparasiten), sich dort weiter entwickeln können und daß dann die so infizierten Mücken ihrerseits wieder Menschen bezw. Vögel infizieren können. Wir sind sogar mit ziemlicher Sicherheit zu dem Schlüsse berechtigt, daß der Mensch (bezw. der Vogel) normalerweise nur auf diesem Wege infiziert werden kann. Hiergegen könnten nun allerdings einige Be- denken erhoben werden und sind auch zum Teil erhoben worden (vergl. hierzu auch Grassi, 43a, Kapitel VIII. p. 160 — 178): 1) Für manche Gegenden, in welchen Malaria herrscht, wurde bezw. wird das Fehlen von Mosquitos behauptet (z, B. von Dodd [24]). Grassi hat selbst Gelegen- heit gehabt, einige derartige Oertlichkeiten zu besuchen und stets und ausnahmslos das Vorhandensein von Anopheles konstatieren können, üeber ähnliche Erfahrungen be- richtet neuerdings auch Koch (65) aus Niederländisch-Indien. Es dürfte daher die Annahme gerechtfertigt sein, daß ihr angebliches Fehlen auch an anderen Orten auf mangelhafter Beobachtung beruht. 2) In Gegenden, in welchen die Malaria grassiert, ist beim Vorhandensein der in Betracht kommenden Mückenarten der geschilderte Infektionsmodus leicht verständlich. Anders, wenn in Gegenden, in welchen Anopheles nicht fehlt, die Malaria gleichwohl nur sehr sporadisch auftritt, wie das z. B. in manchen Oertlichkeiten Norddeutschlands der Fall ist. Diese Erkrankungen werden sich wohl nur von Fall zu Fall erklären lassen: zum Teil kann Einschleppung von außen, zum Teil können ßecidive oder imge- nügend ausgeheilte Fälle eine Rolle spielen. Daß aber trotz des Auftretens solcher Er- krankungen und trotz des Vorhandenseins der Anopheles die Fälle sporadisch bleiben, kann in den Temperaturverhältnissen seinen Grund haben. Es ist nämlich von den italienischen Malariaforschern festgestellt worden, daß die Weiterentwickelung der Malariaparasiten in der Mücke nur erfolgt bei einer gewissen Temperatur. Bei einer Temperatur von 30 C ist sie in 8 Tagen vollendet, bei etwas geringerer Temperatur dauert sie längere Zeit (im August in Eom in einem nach Osten gewandten Zimmer z. B. 12 Tage), bei noch niedrigerer Temperatur, ca. 16° C, unterbleibt sie vöUig und die Malariaparasiten werden von der Mücke verdaut. Diese Zahlen gelten freilich nur für den Parasiten der Perniciosa und Tertiana; bei dem Quartanparasiten scheint dagegen das Temperaturoptimum ein wenig niedriger zu liegen (vergl. Grassi, 43a, p. 111—115). In einer soeben erschienenen Arbeit, welche in das Litteraturverzeichnis auf p. 22—27 keine Aufnahme mehr gefunden hat (Epidemiologischer Beitrag zur Frage der Malaria-Infektion. [Berl. klin. Wchschr. 1900. No. 24]), hat Grawitz sich mit dem zeitlichen Auftreten der Malaria in Norddeutschland beschäftigt. Er findet, daß das Maximum der Malaria-Erkrankungen einige Wochen vor der Jahreszeit liegt, „wo die Insekten am intensivsten stechen. Ferner betont er „die auffällige Verringerung der Erkrankungen an Malaria in der Armee im Verlaufe der letzten Jahrzehnte. Letztere Beobachtung steht nicht isoliert da. In meinem Wohnorte Königsberg i. Pr. vermag jeder ältere Arzt von dem häufigen Auftreten der Malaria vor einigen Jahrzehnten zu erzählen, und heute kommen Malaria-Erkrankungen nur äußerst selten vor. Eine be- friedigende Erklärung hierfür hat jedoch bisher noch niemand zu geben vermocht. Am raschesten könnte ja der gordische Knoten natürlich durchhauen werden durch die Annahme, daß in früherer Zeit, als man noch keine Blutuntersuchungen machte bez.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21294628_0050.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)