Ergebnisse der neueren Sporozoenforschung : zusammenfassende Darstellung mit besonderer Berücksichtigung der Malariaparasiten und ihrer nächsten Verwandten / von M. Lühe.
- Lühe, Max, 1870-
- Date:
- 1900
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Credit: Ergebnisse der neueren Sporozoenforschung : zusammenfassende Darstellung mit besonderer Berücksichtigung der Malariaparasiten und ihrer nächsten Verwandten / von M. Lühe. Source: Wellcome Collection.
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![Ich kann dieses Experiment als vollbeweisend nicht anerkennen. Es wäre doch sehr wohl möglich, daß der fragliche Karpfen ebensogut wie die Myxospondicninfcküon außerdem auch noch die Pockenkrankheit acquiriert hat. Bestärkt ^^rde ich m meinen Zweifeln dadurch, daß im zoologischen Museum zu Königsberg wiederholt pockenkranke Karpfen aus Ostpreußen untersucht worden sind, von Herrn l:'roi. Braun sowohl wie auch von mir selbst, ohne daß es uns jemals gelungen wäre, Myxosporidien aufzufinden. Speciell die Niere erwies sich bei den von uns unter- suchten Exemplaren als vollkommen normal. Diese negativen Befunde lassen memes Erachtens nur zwei Deutungen zu. Einmal wäre es denkbar, daß die von uns unter- suchten Karpfen nicht die echten Pocken gehabt haben, sondern eine Hautkrankheit, welche denselben nur außerordentlich ähnUch ist. Diese MögUchkeit ist um so weniger von der Hand zu weisen, als jedem pathologischen Anatomen bekannt ist, daß ahn- hcheBUder auf verschiedener ätiologischer Grundlage beruhen können: ich erinnere hier nur an die Ekzeme, Erytheme und Pemphigusausschläge des Menschen, welche verschiedenartigsten Ursprungs sein können, sowie an jene charakteristischen zwiebel- ähnlichen Bildungen, welche bei dem gemeinen Hühnerauge oder bei gewissen Naevus- Formen in derselben Weise auftreten wie bei dem Plattenepithelkrebs. Die andere MögUchkeit ist schon am Eingange dieses Absatzes angedeutet worden. Es erscheint nach unseren bisherigen Kenntnissen noch kemeswegs völlig ausgeschlossen, daß die Pockenkrankheit eine Erkrankung sui generis ist, welche mit der Myxospondienmfektion in einem direkten Zusammenhange nicht steht. Für diese Anschauung könnten auch manche Erfahrungen von Hof er verwertet werden, namenthch die Thatsache, daß pockenkranke Karpfen durch Uebertragen in kälteres füeßendes Wasser von ihren Hautwucherungen befreit werden können, während natürlich die Myxosporidieninfektion hierdurch nicht beeinflußt wird. Es bliebe dann freiUch noch die auffaUende Er- scheinung zu erklären, daß Hofer sowohl wie Doflein in der Niere aller von ihnen untersuchten pockenkranken Karpfen den Myxobolus cyprini nachweisen konnten, welch letzterer freilich auch in äußerlich gesund erscheinenden Karpfen gefunden wurde. Dies könnte jedoch eventuell damit zusammenhängen, daß die Myxosporidieninfektion, ohne direkt die Pockenkrankheit zu bedingen, zu derselben prädisponiert, in ähnlicher Weise wie auch beim Menschen gewisse Infektions- oder Konstitutionskrankheiten zu Dermatosen prädisponieren (ich erinnere an die Neigung von skrofulösen Kindern und von Diabetikern zu Ekzemen und an das nicht seltene Auftreten von Herpes bei ge- nuiner Pneumonie). Mit dieser Annahme, daß die Myxosporidienkrankheit des Karpfens eine Prädis- position zur Pockenerkrankung bedingt, würde ich mich, glaube ich, auch den An- schauungen Hof er's und Doflein's am meisten nähern, welche die Entstehung der Pocken auf die durch Zerstörung eines großen Teiles des Nierengewebes seitens der Myxosporidien bedingte Urämie zurückführen wollen Andererseits geht schon daraus, daß ich bei Besprechung der beiden von mir angenommenen Möglichkeiten die menschlichen Ekzeme zum Vergleich herangezogen habe, hervor, daß diese beiden Möglichkeiten einander keineswegs so diametral gegenüberstehen, wie es dem Nicht- mediziner vielleicht scheinen könnte. Ich bin hier auf diese Verhältnisse näher eingegangen, nicht nur weil es sich um neuere Arbeiten handelt, sondern vor allem auch, weil Hof er sowohl wie Doflein die Bedeutung hervorheben, „welche diese merkwürdigen Bildungen eventuell für das 1) „Für die Entstehung der Hautgeschwülste nehmen sie folgende hypothetische Annahme zu Hilfe: Da das exkretorische Gewebe der Niere durch die Infektion zum größten Teile zerstört wird, so mögen sich in der Haut Stoffe ansammeln, welche sonst durch die Niere ausgeschieden werden. Die gesteigerte exkretorische Thätigkeit der Haut wirkt als Reiz auf die Zellen und führt somit jene seltsamen Epithelwucherungen herbei. (Doflein [31].)](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21294628_0097.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)