Volume 1
Grundzüge der physiologischen Psychologie / von Wilhelm Wundt.
- Wilhelm Wundt
- Date:
- 1893
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Credit: Grundzüge der physiologischen Psychologie / von Wilhelm Wundt. Source: Wellcome Collection.
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![2. Chemische Bestandtheile. Die chemischen Baustoffe, aus welchen sich die Formeleraente des Nervensystems zusammensetzen, sind bis jetzt nur mangelhaft erkannt. Der größte Theil der UmhüUungs- und Stützgewebe, namfich das Neuri- lemma, die Primitivscheide und theilweise die Neuroglia der Nervencen- tren, gehört in die Classe der leimgebenden und der elastischen Stoffe. Nur die das Mark umgebende Hornscheide soll aus einer dem Hornstoff der Epithelialgewebe verwandten Substanz bestehen, die man Neuro- k erat in genannt hati). Die eigentliche Nervenmasse ist ein Gemenge von Körpern, von denen mehrere in ihren Löslichkeitsverhältnissen den Fetten ähnlich sind, während sie in ihrer chemischen Constitution mannigfach abweichen. Außer in der Nervensubstanz sind sie in den Blut- und Lymphkörpern, im Eidotter, Sperma und in geringerer Menge noch in manchen andern Flüssigkeiten gefunden worden. Der wichtigste dieser Stoffe ist das Lecithin, ein sehr zusammengesetzter Körper, in welchem die Radicale von Fettsäuren, der Phosphorsäure und des in den meisten thierischen Fetten enthaltenen Glycerins mit einander gepaart und mit einer starken Aminbase, dem Neurin, verbunden sind2). Das Lecithin zeichnet sich einerseits vermöge des hohen Kohlen- und Wasserstoffgehalts durch seinen bedeutenden Verbrennangswerth, anderseits vermöge der complexen Beschaffenheit, die es besitzt, durch seine leichte Zersetzbar- keit aus. Neben ihm findet sich ein in seiner Constitution noch uner- forschter Körper, das Cerebrin, welches, da es sich beim Kochen mit Säuren in eine Zuckerart und andere unbekannte Zersetzungsproducte spaltet, zu den stickstoffhaltigen Glycosiden gerechnet wird»). Endlich geht Cholesterin i], ein fast in allen Geweben und Flüssigkeiten vor- kommender fester Alkohol von hohem Kohlensloffgehalt, in ziemlich.reich- licher Menge in die Zusammensetzung des Nervengewebes ein. Auch das Cerebrin und Cholesterin besitzen einen bedeutenden Verbrennunsswerth, doch sind sie weniger leicht zersetzbar als das Lecithin. Neben diesen 1) Ewald und Kühne, Verhandl. des naturhist.-med. Vor. zu Heidelberg, n. F. I, 5. 2) Die Constitution des gewöhnlichen Lecithins ist nach Diakonow C44H00NPO9 = Distearylglycerinpiiosphorsüure -|- Triinctbyloxäthylammoniumhydroxyd (Neurin). Nach Stkeckek können aber noch andere Lecithine entstehen, indem an Stelle des Radicals der Stearinsäure andere Fettsäureradieale treten. 3) Nach W. Müller hat das Cerebrin die (empirische) Zusammensetzung CavHaiNOa. 4) C2C,H440.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21293788_0001_0058.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)