Volume 1
Grundzüge der physiologischen Psychologie / von Wilhelm Wundt.
- Wundt, Wilhelm Max, 1832-1920.
- Date:
- 1893
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Credit: Grundzüge der physiologischen Psychologie / von Wilhelm Wundt. Source: Wellcome Collection.
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![gesetzteren Gemilthsbewcgungen völlig verschieden wären i), da sie häufig die elementaren Factoren derselben abgeben. Wie ihnen, so wohnt allen Gefühlen die Eigenschaft bei, dass sie nicht bloß durch die Form, in der das innere Geschehen abläuft, sondern zunächst und hauptsächlich durch den besonderen Inhalt der einzelnen Empfindungen und Vorstellunsen bestimmt werden. Die beiden soeben angedeuteten Hypothesen treffen trotz ihrer Ver- schiedenheit auch darin zusammen, dass sie den dem sinnlichen Gefühl zu Grunde liegenden Vorgang durcliaus trennen von der eigentlichen Em- pfindung. Wenn nun gleich diese Trennung in unserer subjectiven Deutung der Gefühle motivirt zu sein scheint, so ist doch nicht zu über- sehen, dass Qualität und Stärke der Empfindung nicht minder als sub- jective Reactionen unseres Bewusstseins auf bestimmte Formen der äußeren Reize aufgefasst werden können. Wir dürften daher der Wahrheit näher kommen, wenn wir das Verhältniss vielmehr so auffassen, dass an jenem untrennbaren Ganzen, das wir eine Empfindung von bestimmter Qualität Stärke und Gefühlsfärbung nennen, die letztere denjenigen Bestandtheil darstellt, bei dem wir zu einer Beziehung auf objective Verhältnisse der Reize nicht unmittelbar veranlasst sind. Geben wir aber dem Verhältniss des Geftihlstons zu den andern Ele- menten der Empfindung diesen letzteren Ausdruck, so ist damit zugleich die Auffassung nahe gelegt, dass wir in ihm das Symptom eines cen- traleren Vorgangs zu sehen haben als in der Qualität und Stärke der Sinneserregung. In der That ist ja die Empfindung, so einfach sie uns erscheint, doch weder nach ihrer psychischen noch nach ihrer physischen Seite ein einfacher Process, sondern da wir solche Empfindungen, die nicht appercipirt werden, niemals unmittelbar in unserer inneren Wahr- nehmung kennen lernen, so bildet i'insbesondere der Act der Apperception einen untrennbaren Bestandtheil aller Empfindungen, die der psycholo- gischen Untersuchung gegeben sind. So wird denn auch das sinnliche Gefühl in Bezug auf alle die Einflüsse, denen es unterworfen ist, ver- ständlich, wenn wir es betrachten als die Reactionsweise der Apper- ception auf die sinnliche Erregung. Zunächst erklären sich unter dieser Voraussetzung auf das einfachste die mannigfachen psychologischen Bedingungen, die den Gefühlston der Empfindung bestimmen. Die Apperception ist, wie wir sehen werden, emerseits von den einwirkenden Reizen, anderseits aber von dem Ge- sammtzustand des Bewusstseins abhängig, wie er durch gegenwärtige Emdrticke und frühere Erlebnisse bestimmt ist. Die Apperception i] Nahlowsky, Das Gefühlsleben. Leipzig 4 862, S. 13 fT.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21293788_0001_0606.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)