Neue Untersuchungen über den Kretinismus, oder die Entartung des Menschen in ihren verschiedenen Graden und Formen / herausgegeben von Dr. Maffei und Dr. Rösch.
- Date:
- 1844
Licence: Public Domain Mark
Credit: Neue Untersuchungen über den Kretinismus, oder die Entartung des Menschen in ihren verschiedenen Graden und Formen / herausgegeben von Dr. Maffei und Dr. Rösch. Source: Wellcome Collection.
Provider: This material has been provided by the Royal College of Physicians of Edinburgh. The original may be consulted at the Royal College of Physicians of Edinburgh.
209/482
![isa bekam zwolf Wochcn all clen Keuchhuslen, der sie sehr geschwacht hat. Die Klteni sind gut, der Valor klein. (Protokoll, Neckarkreis Nro. 1.) Ztveiundfi'mfzigste Beobachtung» Spate Entwicklung des Kretinismus. C. G.. 30 .lahrc alt, voq grobkretiiiischer Gestalt, sehr klein, dick, I'ett, schlafl', von tinsler-slupidein Aussehori, in hohem Grade blodsinnig, zAiweilen tobend, besonders Nachls, (ieschlechtstheile gut entwickelt, will aber nichls mil dem andern Geschlecht zii thun haben, treibt auch nicht Onanie. Dieser Meusch ontwickelte sich gut bis zur Pubertiit und lernle in der Schule, dann karn er zu oinem Strieker in die Lehre. Das Wachs- Ihum hatte nun ein p]nde, und die er noch ausgelernt hatte, zwischen dem ITten und ISlen Jahr, ting cr an zu toben und wurde blodsinnig. Ein jiingerer Bruder isl gut. Der Vater starb 56 Jahre alt, nachdem er zu- lelzt ebenfalls tobsuchlig und endlich blodsinnig geworden war. Eine Toch- ter von dem zweiten Mann der Frau, welche wohlgebildet und vollsinnig ist, ist gross gewachsen, fett, von ziernlich regelmassiger Bildung, schwach- sinnig, iallend. (Protokoll, Schwarzwaldkreis Nro. 45. 2. *). K r a n k h e i t c n der K r e t i n e n. Kretinen sind lieberbat'ten und epileptischen Krankheiten urn so we- niger unterworfen, je torpider und unempfindlicher sie sind. Von den epidemischen Kinderkrankheilen aber, wie Scharlach, Maseru, Keuchhu- sten , bleiben die krelinisehen Kinder nicht verschont, sie kommen durch dieselben, wenii sie nicht unterliegen, imraer sehr herunter, und ihr Zu- stand verschlirnmert sich von da an. Insbesondere wird die Entwicklung gehindert und Enlartung begunstigl durch friilie sich einslellenden und lange anhaltenden Keuchhuslen. Zuweilen faurit die Entarluns in der That erst von diesen Krankheiten an und es ist dann anzunehmen, dass durch sie der Keim zu derselberi geweekt worden ist. So wird namentlich die Taubstummheil otfenbar kretinischer Individuen gar hautig einer Rothsucht zugeschrieben, welche die Subjecle in friihester Kindheit iiberstanden ha- ben; allein fragt man naher nach dem Zustande vor dieser Krankheit, so horl man in der Regel, die Kinder seien freilich auch vorher nicht ganz gut gewesen, haben nicht gut gehort, noch nicht sprechen konnen und gewiss hat in alien diesen Fallen der Scharlach, oder was es gewesen sein mag, nur die Disposition gesteigert und ausgebildet. Diese Taubstum- *) Ganz in Uehereinstimraung mit den hier aufgezeichneten Beobachtungen des Verfassers, haben meine Untersuchungen mich iiberzeugt, dass die Anlage zum Kretinismus immer angeboren ist. und gleich in den ersten Lebensmonaten in der Regel erkannt werden kann. Bei den seltcnen hirnarmen Kretinen ist es die Kleinheit des Kopfs, welche sie auszeich- net, bei den gewohniichen Formen bringen aber die arracn Wesen einen grdsseren Kopf auf die Welt (besonders Hinterkopf, wahrend die Stirn- Partie immer zuriickweicht.) Das schlafl'e triige Wesen fallt bald auf, die Zunge ist constant unverhaltnissmassig dick, hiingt haufig aus dem Monde heraus, wie schon die Geisllichen bei der Taufe bemerkten, die Kinder sind auf Nichts aufmerksam als auf ihre Finger, welche dieselben alsbald anfangen vor die Augen zu halten und krampfhall zu bewegen. Da gerade in der friihesten Jugend am meisten zur Bekampfung des Uebels gelhan werden kann, ist das Volk auf die friihzeitige Erkenntniss hinzuweisen. Guggenbiihl](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b2194202x_0209.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)