Die Lehre von den Knochenbrüchen / von Paul Bruns.

  • Bruns, Paul
Date:
1886
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Die Lehre von den Knochenbrüchen / von Paul Bruns. Source: Wellcome Collection.

    191/680 (page 143)
    Bei der Uebereinanderschiebung bleiben die beiden Fragmente nur ihren Bruchflächen und Seitenflächen in unmittelbarer Berührung oder stehen seitlich mehr oder weniger von einander ab. Besonders häufig sind sie zugleich winkelig verschoben, so dass sie sich kreuzen. Diese° letztere Combination der winkeligen und Längsverschiebung be- zeichnet man als sog. Reiten der Fragmente (chevauchement), das in den vorstehenden Figg. 67 bis 69 dargestellt ist. Endlich ist zu erwähnen, dass die Längsverschiebung mit Ver- kürzung auch bei den Splitterbrüchen und bei gewissen Formen der mehrfachen Brüche vorkommt, wie namentlich bei den sog. Yförmigen Brüchen der Gelenkenden, bei denen letztere auseinander gesprengt sind, und die Condylen an den Seitenflächen des Diaphysenendes empor- steigen. b) Die Einkeilung der Bruchenden in einander entsteht in der Art, dass bei einem quer oder wenig schräg verlaufenden Bruch- ende das eine mehr oder weniger tief in die Substanz des anderen hineingetrieben wird, wobei eine Zertrümmerung von Knochengewebe im Inneren des letzteren stattfinden muss. Diese Einkeilung kommt nur an den Gelenkenden vor, und zwar an der Grenze zwischen der compakten Diaphyse und spongiösenEpiphyse. Hiebei gestaltet sich der Mechanismus gewöhnlich so, dass das dünnere compakte Diaphysenende in die breitere spongiöse Epiphyse eindringt, wie es am häufigsten bei den Einkeilungsbrüchen des chirurgischen Halses des Humerus (Fig. 70) und des unteren Endes des Radius (Fig. 73), sel- tener am oberen Ende der Tibia beobachtet wird. Nur bei den Fracturen an der Basis des Schenkelhalses findet der umgekehrte Mechanismus statt, indem das Epiphysenfragment mit dem Schenkelhalse in die Substanz der Trochanterpartie sich einkeilt (Fig. 71). Dasselbe ist auch bei den seltenen Fracturen des anatomischen Halses des Humerus der Fall, bei welchen der abgebrochene Gelenkkopf in die Tuberkelpartie eingekeilt werden kann. Bei den beiden angegebenen Arten der Einkeilung bleibt das- jenige Fragment, in welches hinein die Eintreibung erfolgt, entweder in seiner äusseren Wandung unversehrt, indem nur die spongiöse Sub- stanz im Innern zertrümmert wird (Fig. 70, 71, 73), oder dasselbe wird durch das eindringende Bruchende in mehrfache Fragmente aus- einandergesprengt, wie es namentlich bei den Einkeilungsbrüchen des Schenkelhalses (Fig. 72), hie und da auch bei denen des Humeruskopfes beobachtet wird. Die Einkeilung ist stets mit einer entsprechenden Verkürzung* des Knochens verbunden und ausserdem nicht selten mit einer winke- ligen Knickung. Letztere manifestirt sich bei den Einkeilungsbrüchen des Schenkelhalses als Verkleinerung (Fig. 64) oder Vergrösserung (Fig. 72) des Winkels zwischen Hals- und Mittelstück und kommt auch bei den Einkeilungsbrüchen des unteren Endes des Radius in typischer Weise vor, indem der Knochen an der Bruchstelle eine Knickung mit der Oeffnung des Winkels nach der Dorsalseite aufweist (Fig. 73). c) Das Auseinanderweichen der Bruchenden, die sogenannte Diastase der Fragmente ist im Allgemeinen eine ziemlich seltene Dislokation, die nur bei den Brüchen bestimmter Knochen und Knochen-