Die Lehre von den Knochenbrüchen / von Paul Bruns.

  • Bruns, Paul
Date:
1886
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Die Lehre von den Knochenbrüchen / von Paul Bruns. Source: Wellcome Collection.

    201/680 (page 153)
    Die abnorme Mobilität fehlt dagegen ganz bei den Brüchen mit fester Einkeihmg der Fragmente in einander. Das Manöver, welches man ausführt, um auf abnorme Beweglich- keit zu untersuchen, besteht in der Regel darin, das man beide Frag- mente in der Nahe der muthmasslichen Bruchstelle erfasst und m entgegengesetzter Richtung verschiebt, oder dass man das Glied am centralen Ende mit der einen Hand fixirt und am peripheren Ende mit der anderen Hand zu biegen, also winkelig zu knicken sucht. Die eintretende Difformität beweist dann die vorhandene abnorme Be- weglichkeit und den Sitz des Bruches. Handelt es sich jedoch um eine Fractur in nächster Nähe eines Gelenkes, so kann man auch, um sich eines längeren Hebelarms zu bedienen, Bewegungen mit dem anstossenden peripheren Gliedabschnitte vornehmen. Diess gilt jedoch vorzugsweise für Fracturen in der Nähe von Gelenken, deren Bewegun- gen fast ausschliesslich um eine einzige Achse vor sich gehen, wie bei den Charniergelenken, also namentlich für Fracturen in der Nähe des Ellbogen-, Knie- und Fussgelenkes: bei diesen lässt sich die abnorme Mobilität am besten durch eine in abnormem Grade ausführbare Late- ralflexion erkennen. Oder man sucht das abgebrochene Gelenkende, beispielsweise den Gelenkkopf des Humerus oder Radius, mit der einen Hand zu fixiren, während man mit der anderen Hand rotirende Bewegungen an dem entgegengesetzten Ende des Knochens vornimmt. Bewegt sich hiebei das Gelenkende nicht mit, so ist das ein ganz sicheres Zeichen für das Vorhandensein einer Fractur; dagegen lässt sich allerdings aus einer Mitbewegung desselben die Fractur keines- falls ausschliessen, da sich die Fragmente häufig so fest gegen ein- ander stemmen, dass das obere Fragment die Rotationsbewegungen des unteren mitmacht. Endlich ist noch ein Verfahren zu erwähnen, das vorzugsweise zur Ermittlung der abnormen Beweglichkeit bei Fracturen des unteren Endes der Fibula empfohlen ist: durch Druck mit dem Finger auf die Spitze des Knöchels sucht man durch eine Art Schaukelbewegung (mouvement de bascule) das obere Ende des unteren Fragmentes zum Hervortreten zu bringen. Der Handgriff setzt voraus, dass das untere Fragment nicht zu lang ist. §. 112. Crepitation.' Als Crepitation einer frischen Fractur bezeichnet man ein hartes klappendes oder knarrendes Reibungsgeräusch, welches durch Reiben der unebenen Bruchflächen an einander entsteht. Das Zustandekommen der Crepitation setzt unbedingt nicht blos abnorme Beweglichkeit, sondern auch unmittelbaren Contakt der Bruchflächen voraus. Daher ist dieselbe trotz deutlicher Mobilität nicht immer vorhanden, lässt sich aber zuweilen noch wahrnehmen, wenn die abnorme Beweglichkeit nicht mit voller Bestimmtheit nachzuweisen ist. Die Intensität des Crepitationsgeräusches hängt im Allgemeinen ab von der Breite der Bruchflächen, von ihrer mehr oder weniger unebenen und compakten Beschaffenheit, von dem Grade der Beweg- lichkeit an der Bruchstelle, sowie von der oberflächlicheren 'oder tieferen Lage des gebrochenen Knochens. Am deutlichsten zeigt sich die Erscheinung bei Brüchen der compakten Diaphyse eines langen Röhrenknochens mit grosser Beweglichkeit der Fragmente, bei denen