Psychopathia sexualis : mit besonderer Berucksichtigung der contraren sexualempfindung. Eine Klinisch-forensische studie / von R.V. Krafft-Ebing.
- Richard von Krafft-Ebing
- Date:
- 1892
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Credit: Psychopathia sexualis : mit besonderer Berucksichtigung der contraren sexualempfindung. Eine Klinisch-forensische studie / von R.V. Krafft-Ebing. Source: Wellcome Collection.
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![wissen und Ermessen anheim gegeben werden. Indicien dafür, dass der Fall pathologisch sein dürfte, ergeben sich jedenfalls unter folgenden Umständen: Der Thäter ist ein Greis. Das sexuelle Delikt wurde mit auf- fallendem Cynismus öffentlich begangen. Die Art der Geschlechts- befriedigung ist eine läppische (Exhibitioniren) oder grausame (Ver- stümmelung, Lustmord) oder perverse (Nekrophilie u. s. w.). Erfahrungsgemäss lässt sich sagen, dass unter den vorkom- menden sexuellen Akten Nothzucht, Schändung, Päderastie, Amor lesbicus, Bestialität eine psycho-pathologische Begründung haben können. Beim Lustmord, sofern er über den Zweck der Ermorduno- hinausgeht, desgleichen bei der Leichenschändung sind psycho- pathische Zustände wahrscheinlich. Das Exhibitioniren, sowie die mutuelle Masturbation lasset] pathologische Bedingungen sehr wahrscheinlich erscheinen. Die Onanisirung eines Anderen, sowie die passive Onanie kann bei De- mentia senilis, conträrer Sexualempfindung, aber auch bei blossen Wüstlingen vorkommen. Der Cunnilingus, gleichwie das Fellare (peneni in 08 mulieris arrigere) bot bisher keine psycho-pathologischen Beziehungen. Diese sexuellen Scheusslichkeiten scheinen bloss bei im natür- lichen Geschlechtsgenuss übersättigten, zugleich in der Potenz ge- schwächten Wüstlingen vorzukommen. Die Paedicatio mulierum erscheint nicht psychopathisch, sondern Praktik moralisch tief- stehender Ehemänner aus Scheu vor Nachkommenschaft, sowie über- sättigter Cyniker im ausserehelichen Geschlechtsgenuss. Die praktische Wichtigkeit des Gegenstandes nöthigt dazu, die vom Gesetzgeber als sexuelle Delikte mit Strafe bedrohten ge- schlechtlichen Handlungen vom gerichtsärztlichen Standpunkt speciell ins Auge zu fassen. Dabei ergibt sich der Vortheil, dass die psycho- pathologischen, nach Umständen ganz analogen Handlungen in das richtige Licht durch noch in die phvsio-psychologische Breite fallende gestellt werden. 1) Verletzung der Sittlichkeit in Form des Exhibitionirens. (Oesteneich S 51Ö. Entwurf § l'-'ö. Deutsch. St^-b. S 183 I Schainhaftigkeit ist in dem Kulturleben der heutigen Menschen eine durch Erziehung vieler Jahrhunderte so gefestigte Charakter-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21017189_0395.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)