Psychopathia sexualis : mit besonderer Berucksichtigung der contraren sexualempfindung. Eine Klinisch-forensische studie / von R.V. Krafft-Ebing.
- Richard von Krafft-Ebing
- Date:
- 1892
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Credit: Psychopathia sexualis : mit besonderer Berucksichtigung der contraren sexualempfindung. Eine Klinisch-forensische studie / von R.V. Krafft-Ebing. Source: Wellcome Collection.
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![Die folgende Notiz aus einer Berliner (National-?) Zeitung vom Februar 1884, welche mir durch einen Zufall unter die Hand kam, scheint geeignet, das Leben und Treiben der Urninge zu kennzeichnen. „Der Ball der Weiberfeinde. Fast alle socialen Kiemente Berlins haben ihre geselligen Vereinigungen: die Dicken, die Kahlköpfigen, die Jung- gesellen, die Wittwer — warum nicht auch die Weiberfeinde? Diese psycho logisch merkwürdige und gesellschaftlich nicht allzu erbauliche Mensehen- species hatte dieser Tage einen Ball. „Grosser Wiener Maskenball — so lautete die Ansage; bei der Billetvertheilung bezw. dem Billet verkauf wird mit grosser Rigorosität verfahren, die Herrschaften wollen unter sich sein. Ihr Rendez-vous ist ein bekanntes grösseres Tanzlokal. Wir betreten den Saal gegen Mitternacht. Nach den Klängen eines gutbesetzten Orchesters wird flott getanzt. Der starke Tabaksqualm, der die Gaslustres verschleiert . lässt die Details des wogenden Treibens nicht sofort hervortreten. Erst in der Tanz- pause können wir nähere Umschau halten. Die Masken sind bei Weitem in der Mehrzahl; schwarzer Frack und Ballrobe erscheinen nur vereinzelt. Doch, was ist das? Die Dame, die eben in roaa Tarlatan an uns vor- überrauscht, hat eine glimmende Cigarre im Mundwinkel und patl't wie ein Dragoner. Und ein blondes, nur leicht .weggeschminktes' Bart _rt sie auch. Und jetzt spricht sie mit einem starkdekolletirten .Engel in Tricots, der mit auf dem Kücken \ erschränkten nackten Armen dasteht und gleich- falls raucht. Das sind zwei Männerstimmen und die I ab ist gleich- falls stark männlich; sie dreht sich um den ,\vr!l . Tobak. de*r 1 Luft hat. Also zwei Männer in Damenkleidern. Ein landesüblicher Clown steht dorl an einer Säule im zärtlichen Qe- sprach mit einer Balleteuse and bal seini n \xm am ihre tadellose Taille ge- sohlungen. Sie hat einen blonden Tituskopf, scharfgeechnittenes Profi] und anscheinend üppige Formen. Die blitzenden Ohrgehänge, da-Collier mit dem Medaillon um den Hals, die vollen runden Schultern and Lrme tat Zweifel an ihrer „Echtheit nicht aufkommen, bis sie mit einer plötzlichen Wendung von dem sie umfangenden Anne sich losmacht und gähnend sich abwendet mit dem im tiefsten Basa geleisteten Stossseufzer: „Emil, du bist heute zu langweilig! De I neingeweihte traut seinen Augen kaum: auch die Balleteuse ist männlichen öesi blechte! Misstr.misi h mustern wir weiter. Wir vermathen fast, hier werde verkehrte Well gespielt; denn hier gehl der vielmehr trippelt ein Mann — ,„.;„. entschieden Kein Mann, obgleich er ein sorgfältig gepflegtes Schnorr- bärtchen trägt. Der wohlfrisirte Lockenkopf, das gepuderte und geschminkte hl im! Am stark .nachgetuschten Augenbrauen, die goldenen Ohr- gehänge, das von der linken Schulter nach der Brost zu verlaufende Vor- bei von lebenden Blumen, das den eleganten schwarzen Leibrock ziert, die goldenen Arml ändi i an den Handgelenken und der zierliche Fächer in der weissbeganteten Hand — das sind doch keine Attribute des Mannes. Und wie coquetl er den Fächer handhabt, wie er tänzelt und sich dreht, wie er trippelt and lispelt! l nd doch! Und doch hat die grundgütige Natur v Ki ag, Psyohopathi« Bexualis. 7. iun. j7](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21017189_0431.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)