Über die Grundlagen der optischen Lokalisation nach Höhe und Breite / von A. Tschermak.
- Armin von Tschermak-Seysenegg
- Date:
- 1905
Licence: In copyright
Credit: Über die Grundlagen der optischen Lokalisation nach Höhe und Breite / von A. Tschermak. Source: Wellcome Collection.
Provider: This material has been provided by UCL Library Services. The original may be consulted at UCL (University College London)
29/98 (page 529)
![grösser zu sein, als ihn Kundt an sich selbst gefunden. Nach diesem Verhalten scheinen bei der Mehrzahl der Menschen die an Distanzwert äquivalenten Netzhautelemente aussen und innen nicht symmetrisch zu liegen, sondern auf der nasalen Netzhauthälfte weiter vom Zentrum abzustehen wie auf der temporalen Hälfte desselben Auges. Eine ganz analoge Schlussfolgerung ergibt sich nach E. Hering für die Lage der an Höhen- und Breitenwert äquivalenten oder korrespon- dierenden Elemente in beiden Augen. Schon W. Baum hatte den sogen. V ieth-Müller sehen Horopterkreis, welcher den geometrischen Ort der korrespondent abgebildeten Aussenpunkte darstellen sollte, als nicht genau zutreffend vermutet. Er und Meissner (82, speziell § 34, S. 61) betrachteten vielmehr eine frontale Ebene als den wirklichen Längshoropter, d. h. als den geometrischen Ort der auf korrespondenten Längsstreifen der Netzhaut, somit ohne Querdisparation abgebildeten Aussendinge. In solcher Allgemeinheit war diese Formulierung allerdings unzulässig. Die Tatsache, dass die im Vieth- Müllerschen Kreise angeordneten Lote oder Stäbe im allgemeinen nicht in einer Ebene erscheinen, ja bei stark seitlicher Lage sogar in deutlichen Doppel- bildern erscheinen können, wurde erst von E. Hering in ihrer vollen Bedeu- tung erkannt, nämlich als ein Hinweis auf die inkongruente Lage der korrespon- dierenden Netzhautstellen 1). E. Hering (54, Heft 5, § 118, 296—300) bewies zugleich, dass man Lote oder Stäbe, um sie in einer scheinbaren frontalen Ebene zu sehen, im allgemeinen in einer Kurve von schwächerer Krümmung als der Vieth-Müll er sehe Kreis anordnen muss: bis zu einem individuell verschiedenen Abstand ist jene Kurve nach dem Beobachter hin abnehmend konkav, jenseits dieser Distanz zunehmend konvex. Dieses Verhalten — weiter- hin als Hering-Hillebrandsche Horopterabweichung bezeichnet— (Anord- nung des Testobjektes in P, nicht in M; FP = Längshoropterkurve, FM = Vieth-Müllerscher Kreis in Fig. 1) beweist unstreitig, dass beispielsweise mit der Stelle a des linken Auges nicht die geometrisch kongruente Stelle a' des rechten Auges korrespondiert, sondern die weiter nasal gelegene Stelle b'. — 1) Helmholtz meinte zuerst Nadeln, welche in einem Bogen von der Krümmung des Vieth-Müllerschen Kreises angeordnet waren, gerade d. h. in einer frontalen Ebene zu sehen. Es handelte sich jedoch um einen Irrtum, dadurch bedingt, dass den indirekt gesehenen Nadeln zu geringe Seitenabstände gegeben waren. Später fand auch H elrah ol tz den Bogen für sich beträchtlich flacher als jenen Kreis. Er erklärte jedoch diese Beobachtung als eine Täuschung infolge einer falschen Schätzung des Konvergenzgrades bezw. der Entfernung und infolge des Mangels sichtbarer vertikaler Distanzen; dadurch seien wir geneigt, einen gegen uns konkaven horizontalen Bogen für gerade zu halten (49, I, 655, 722; II, 801-802, 870—871). Gegenüber dieser Auffassung sei hier nur die sehr geringe individuelle Schwankungsbreite bei jener Ein- stellung betont (vergl. Tschermak [127], speziell S. 346). Hingegen hat Aubert (5, Phys. d. N. H. § 134, S. 308) aus dem Doppelterscheinen solcher Objekte, welche stark seitlich im Vieth-Müllerschen Kreis gelegen sind, sowie aus der Abweichung der Längsmittelschnitte vom Lote den Schluss gezogen: „Es ist notwendig geworden unter (sc. geometrisch) identischen Punkten etwas anderes zu verstehen als unter korrespondierenden Punkten. A sher-Spiro, Ergebnisse der Physiologie. IV. Jahrgang. 34](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21641432_0031.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)