Über die Grundlagen der optischen Lokalisation nach Höhe und Breite / von A. Tschermak.
- Armin von Tschermak-Seysenegg
- Date:
- 1905
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Credit: Über die Grundlagen der optischen Lokalisation nach Höhe und Breite / von A. Tschermak. Source: Wellcome Collection.
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![Einen Hinweis auf einen sensorischen Einfluss des Labyrinths auf das Auge und zwar auf die optische Vertikale und damit auf die Orientierung des Sehfeldes scheint die Beobachtung Auberts (5) zu bilden, dass seitliche Neigung des Kopfes dazu führt, im Dunkeln ein allein sichtbar gemachtes, leuchtendes Lot schief zu sehen und zwar für die meisten Beobachter gegen den Sinn der Kopfneigung gedreht, für manche aber im gleichen Sinne. Im ersteren Falle muss die Linie, um vertikal zu er- scheinen, m.it dem oberen Ende im gleichen Sinne geneigt werden wie der Kopf. Für das Zustandekommen dieser als ^,Aubertsches Phänomenbe- zeichneten ^^Täuschung'^ ist die Lage des Kopfes zur Lotrechten entscheidend, nicht aber die Lage des übrigen Körpers oder die relative Lage des Kopfes zum Stamme. Im Hellen, bezw. solange bekannte Objekte mit lotrechten Konturen mit sichtbar sind, fehlt die Täuschung d. h. es vermittelt der jeweils lotrecht eingestellte Netzhautmeridian die Empfindung ^,vertikal. — Die V^ermittelung der Erscheinung durch das Labyrinth, für welche be- sonders Cyon (22) eingetreten ist, erscheint allerdings noch nicht völlig sicher erwiesen, wenn auch sehr wahrscheinlich. Die späteren Untersuchungen von Mulder (88, 89), Y. Delage (26, 27), A. W. Nagel (92), Sachs und Meiler (105, 106), Feilchenfeld (37), Bourdon (12), Alexander und Bäräny (1) ergaben Analoges für eine schwarze Linie oder ein schwarzes Kreuz auf gleichmässig hellem Grunde und bestätigten das merkwürdige Variieren dieser Erscheinung selbst bei einem und demselben Beobachter — u. a. ihre Zunahme bei längerem Aufenthalt im Dunkeln. Auch besteht für W. A. Nagel (88) keine eigentliche Pro- portionalität zwischen dem Grade der Kopfneigung und der scheinbaren Neigung der Jjotrechten. Feilchenfeld (37) allerdings findet eine solche für sich und seine Mitbeobachter. Für die Mehrzahl der Untersucher wird die Linie erst bei einer Kopfneigung von etwa 50-60*^ plötzlich erheblich schief und wächst auch weiterhin die Abweichung in unregelmässiger Weise, ja unter gelegentlichem plötzlichen Zurückgehen (W. A. Nagel [92]). Aubert (5) fand als Maximum der Korrektionseinstellung 25—45^ bei 120—140^ Kopf- neigung, Bourdon (12, § 88, p. 166—173) 8—25^ bei 90» Kopfneigung. Während der Ausführung der Kopfneigung konnte W. A. Nagel (92), ebenso Bourdon (12, p. 170) eine Scheindrehung des Lotes im gleichen Sinne mit der Kopfneigung beobachten, andere Untersucher im entgegengesetzten Sinne. Sachs und Meiler (105,106) fanden bei ihren eingehenden Beobachtungen, welche nicht bloss die optische, sondern auch die haptische Vertikale betrafen, bei geringen Kopfneigungen (bis 50^) das obere Ende eines leuchtenden Lotes scheinbar im gleichen Sinne geneigt, bei stärkeren Kopfneigungen im entgegengesetzten Sinne und zwar wachsend mit dem Neigungsgrad, bei- spielsweise war bei 160*^ eine Korrektionsdrehung im gleichen Sinne von 40—50^ notwendig. Die genannten Autoren ziehen aus diesem Verhalten](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21641432_0083.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)