Volume 1
Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert.
- Max Ebert
- Date:
- 1924-32
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Credit: Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert. Source: Wellcome Collection.
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![es auf die Sprache ankäme, sei Grund zu der Annahme, daß die Küste von Europa von Holland bis Spanien einst von Kelten be¬ setzt war. Später, um 200 v. C., erscheinen in Südengland Brandgruben mit Urnen — und Cäsar sagt, daß die Beigen, die zum großen Teil germ. waren, nicht allzu lange vor seinem Zuge nach Britannien dieses er¬ obert hätten. . . . Sie sehen dieses germ. Element in den Brandgräbern von Ayles- ford (s. d.). . . . Um 200 v. C. seien die B. eingebrochen, eine z. T. germ. Bevölke¬ rung, die die Leichenverbrennung von Deutschland her in Nordostfrankreich cin- geführt hätten und dort rein kelt. Stämme ablösten. Dechclette ist der An¬ sicht, daß wir nicht berechtigt seien, den Helvetiern die Gräber der Latenestufe 1 der Schweiz zuzuschreiben, ebensowenig den Remern die Gräber der frühen LTZ in der Gegend von Reims. Von den Remern glaubt er, daß ihr Gebiet zur Belgika ge¬ hörte, und daß, wie wir aus Cäsar wüßten, die B. in der Hauptsache Stämme germ. Ursprungs wären, die nach Über¬ schreitung des Rheins sich dort niedcrließen und mit den Galliern vermischten. Die Gräber der Latenestufe I und II lägen vor der belg. Einwanderung. Es ließe sich nicht ausmachen, welchem Volksstamm wir die vielen Friedhöfe von Reims zuteilen mü߬ ten. Der Übergang von Bestattung zu Leichenbrand scheine gleichzeitig mit der Ankunft von germ. Stämmen in der Belgika zu sein. § 3. Betrachten wir nun den sicher be¬ kannten Zustand zu Cäsars Zeiten. N. der Seine wohnten die B., 27 Stämme, von denen viele, besonders die ö., rein germ. waren. Zu ihnen, wohl in Abhängigkeit von den ö., gehörten auch rein gall. Stämme, die Atrebaten umArras, die Am- bianen um Amiens, die Bellovaken um Breteuil. Zu den bedeutendsten zählten die Remer um Reims. Weiter nach O sind vorzüglich die Treverer um Trier bekannt, dann die rein germ. am Niederrhein: Seg- ner, Condrusen, Pämanen, Cärakaten, Ebu- ronen, Atuatuker, die den Cimbern und Teutonen entstammen, Bataver u. a. m. Aus der Geschichte ergibt sich schon, daß hier in der Belgika ein Volk wohnte, das sich von den eigentl. Galliern sehr unter¬ schied. Während die Gallier und Aqui- tanicr nach wenigen Kriegsjahren ihre Köpfe geduldig unter das röm. Joch beug¬ ten, brach am Niederrhein und in der Bel¬ gika stets wieder der Aufruhr gegen Rom los. Man denke nur an den Bataverkrieg (69—70 n. C.), der Belgier und rechtsrheini¬ sche Germanen zusammen im Kampf gegen Rom sah. Dieser Bataverkrieg war für Rom gefährlicher als alle Germanenkriege vorher, von Cäsar bis Germanicus. Und als schließlich die militärische Widerstands¬ kraft nicht mehr zum Kampf gegen Rom ausreichte, da blieb dem belg. Gebiet immer noch Eigenes. Es gibt eine besondere j belg. Töpferware, die von den Gefä߬ formen der alten Rheingermanen ausgeht und sich durch Jahrhunderte erhält, in Konnex bleibt mit der rein germ. Keramik rechts des Rheines und später auf die fränkische Töpferei noch stark einwirkte. Diese Tatsache ist längst anerkannt. Mit dem heutigen Belgien hat die belg. Ware wenig zu tun, die Hauptfabrikationsorte liegen vom Neu- wieder Becken bis Nymwegen am Nieder- rhein. § 4. Betrachten wir nun die Hinter¬ lassenschaft dieser Stämme, so ist sie arm genug. Weniges im Kölner Museum, ziem¬ lich viel aus Treverergräbern im Museum Trier (von Biewer, Hüttigweiler, Grügel- born u. a.), im Museum von Birkenfeld, sehr wenig im heutigen Belgien, ebenso¬ wenig aus Nordostfrankreich (Marne). Ge¬ nau so ist es in Holland. Alles stammt aus der Latenestufe III. Wie spärlich diese Zeit in den Funden vertreten ist, beweist am besten die Tatsache, daß von dem zahlreichen Volk der Eburonen noch nicht ein einziger Fund vorliegt (s. Mannus 14 [1922] S. 187 ff. E. Rademachcrj. § 5. Es bleibt uns aber ein anderer Weg: Sagen uns arcli. die Funde der B. nichts, so gehen wir in der Zeit zurück und forschen nach den vorbelg., d. h. also den vor- germ. Bewohnern. Wohl selten gelingt es, so klar und übersichtlich eine aufeinanderfolgende Reihe von Gegenden zusammenfassend unter einen großen Ge¬ sichtspunkt und in eine sichere Entwick¬ lungsreihe zu bringen wie hier. Ziehen wir](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29931125_0001_0559.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)