Volume 1
Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert.
- Max Ebert
- Date:
- 1924-32
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Credit: Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert. Source: Wellcome Collection.
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![neuen Kenntnissen) begünstigen eine große Dauerhaftigkeit, ein tiefes, gefühlsmäßiges Einleben und Anpassen der Institutionen, so- daß der A. weiterbesteht, wenn er längst -assenmäßig seine Sonderstellung eingebüßt uat. Er verwächst daher auch, wie wir das oei den höheren Naturvölkern beobachten können, mit den religiösen Auffassungen und dem zeremoniell-zauberischen Leben. Der A. tritt vielfach als Vermittler zwischen der Gottheit und dem gemeinen Menschen auf. Ja, diese religiös-zauberische Seite tritt fast mehr hervor als die wirtschaftlich¬ politische. Beide sind in der Tat untrennbar ineinander verwoben. Der Landherr, der Abgaben mehr als Geschenke und Opfer empfängt, zum Zwecke einer neuen Ver¬ teilung und als ihm gebührende Ehrung, denn als wirtschaftlich berechnete Tribute, hat durch die Gloriole, die ihn umgibt, auch die Möglichkeit erhalten, als Schiedsrichter aufzutreten. Dem einfachen Klangenossen ] wäre sie nie zugestanden worden. Auch nimmt der aus den Reihen des A. hervor¬ gegangene Häuptling eine Stellung ein, die nicht bloß die eines primus inter pares ist (s. Häuptling). § 5. Die seelische Einstellung dem A. gegenüber ist von Seite der Plebejer und Hörigen durchaus im Sinne der Aner¬ kennung einer Lebensordnung von über¬ menschlicher Macht. So wie dem primi¬ tiven A. die systematische, rücksichtslose, zynische Ausnutzung der wirtschaftlichen Macht fehlt, ermangelt auch die andere Be¬ völkerung der Kühnheit einer Kritik am Machtbesitz der Herren. Daher finden, nebenbei bemerkt, die Bemühungen zur Befreiung vom,, Joch des Adels.“, wie sie von Europäern bei Naturvölkern (z. B. in Po- nape, Marshall-I.) versucht wurden, bei den untergeordneten Schichten keinerlei Echo oder Verständnis, sondern werden nur als Unternehmungen empfunden, welche die hergebrachte eingelebte Ordnung zersetzen, die den hergebrachten Bedürfnissen Rech¬ nung trägt. Bei allen höheren Naturvölkern ist die Ausbildung eines A. zu beobachten, bald mit geringerer, bald mit stärkerer Betonung einer Häuptlingschaft, die an Familien haftet (s. Häuptling). Im alten Orient scheint die Entwicklung der Despotie mit der Zerstörung des A., wie auch sonst häufig, Hand in Hand gegangen zu sein. Man kann sie an die Schwelle des Über¬ gangs zum Kulturleben setzen. Wenn auch die Gestaltungen überall in¬ dividuell sind, bedingt doch der A. gewisse psychische Mechanismen, deren Ablauf sich kein Volk entziehen kann, wenn nicht eine Störung von außen her eintritt. Durch die zunehmende biologische und geistige Ver¬ mischung verliert er seine Existenzgrund¬ lage. Es ist dann nur eine Frage der Zeit, daß auch die Institutionen die Konsequen¬ zen ziehen. Wir sehen den Ablauf dieser Prozesse mit aller Deutlichkeit in der griech. und röm. Geschichte. Die Tendenz liegt immer in der Richtung einer Verwischung der Besonderheiten, also nach der Demo¬ kratie hin, die aber den Weg über die Herr¬ schaft einzelner Familien (Dynastien) ein- schlagen kann, wie im Orient. | Die Bedeutung des A. für den mensch¬ lichen Fortschritt ist nicht hoch genug an¬ zuschlagen: er ermöglichte eine Domesti¬ zierung vieler kulturfremder Rassen, ebnete den Weg zu einer Zusammenfassung von Kräften für alle Werke der Technik, er bildete die Grundlage für die geistige Kul¬ tur und erweiterte das politische Friedens¬ bereich. Im Verfall freilich wirkt seine Überheblichkeit verhängnisvoll. S.a. Häuptling, Kaste,Politische Entwicklung, Schichtung, Stände. Zfvgl. RYV. 36 S. 99 ff. Röm. Geschlechtsrecht (ins genlilicium) Bernhöft; R. Fick Die soziale Gliederung itn nö. Indien zu Buddhas Zeit 1897; Ann. Rep. Smithson. Inst. 1913 S. 579 ff. Feuda- lism in Persia I. de Morgan; P. E. Fahlbeck Die Klassen und die Gesellschaft 1922; F. Münzer Römische Adels Parteien und Adelsfamilien 1920; U. Kahrstedt Griechisches Staatsrecht 1922; A. Vierkandt Die Anfänge der Verfassung und Verwaltung in Kxiltur der Gegenwart Teil II Abt. II 1 Einleitung 1911; Zfvgl. RW. 33 (1916) und 34(1916) Das Recht der Toten H. Schreuer; Blätter d. int. Ver. I. vgl. Rechtswissenschaft 1920 Entstehung von Staat und Familie Thurn- wald; M. W. Williams Social Scandinavia in the Viking Age 1920 S. 34 fF.; Malinowski Argonauls of the Western Pacific 1922 S. 52, 63 ff.; R. H. Lowie Primitive Society 1920; E. Tregear The Maori Race 1904. Thurnwald Aderlaß. § i. Blutlassen zu heilenden, gesundheitsfördernden oder -erhaltenden Zwecken setzt irgendeine Form humoraler](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29931125_0001_0057.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)