Volume 1
Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert.
- Max Ebert
- Date:
- 1924-32
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Credit: Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert. Source: Wellcome Collection.
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![zonte. Von der Schachtsohle trieb man dann nach allen Richtungen hin gewöhnlich ebene Stollen, die meistens wieder in einen zweiten Schacht einmünden. An den Stollenwänden wurden größere oder klei¬ nere Grubenfelder angelegt. Häufig findet man auch knapp nebeneinander liegende Stollen durch kleine Fenster untereinander verbunden, die offenkundig zum Zwecke der besseren Wetterführung angelegt wur¬ den. S. a. Cissbury Camp, Gro߬ britannien B § 11. § 6. Was den Bau dieser Verhaue anbe¬ trifft, so wurde er, soweit sich aus den uns erhaltenen Werkzeugen schließen läßt, mit sehr einfachen Mitteln ausgeführt. Das wichtigste Werkzeug war eine Art Hacke aus Hirschgeweih, von welchem gewöhnlich die Augensprosse als Spitze und der Haupt¬ ast als Handhabe diente. Die übrigen Sprossen wurden entfernt. Kleinere Stücke benutzte man einhändig, größere wohl auch zweihändig. Solche[Hirschhornhacken wur¬ den in den Flintgruben oft sogar in großer Anzahl gefunden. Sie sind das eigentl. Berg¬ mannswerkzeug. Dazu kommen noch fall¬ weise Beile aus Horn, Keile, verschiedene hammerähnliche Instrumente und Schlag¬ werkzeuge aus Stein, vom einfachen, rohen Arbeitsstein angefangen bis zu fertiger Steinaxt und Steinhammer. § 7. Über die Formen der Werkzeuge aus Holz, die wohl zweifellos auch im Ge¬ brauche standen, sind wir gar nicht unter¬ richtet, weil sie in und um den Bauen sich bis auf unsere Zeit nicht erhalten haben. Die Arbeit in dem weichen Gestein war übrigens nicht allzu schwierig und mit den auf uns überkommenen Werkzeugformen sicherlich durchzuführen. War man am Feuerstein, so grub man die Knollen ent¬ weder aus, oder dort, wo er im festen Ver¬ bände saß, wiegte man ihn, unter Ver¬ wendung der früher angeführten Hirsch¬ hornhacken als Hebewerkzeuge (Beißer) heraus. Auch die Verwendung von Keilen bei solchen Arbeiten ist naheliegend; hin¬ gegen erscheint es mir unwahrscheinlich, daß, wie manche annehmen, Feuersetzung angewendet wurde, weil durch deren Ein¬ wirkung die physikalische Beschaffenheit des Feuersteines wesentl. verändert wor¬ den wäre. § 8. Überreste irgend welcher Schacht¬ oder Stollenausrüstungen wurden bisher nicht angetroffen. Weder Verzimmerungs¬ überreste noch einwandfreie Überbleibsel von Förderungs- und Fahrungsanlagen sind auf uns gekommen. Gerade aber Verzimme¬ rung wäre bei der geringen Standfestigkeit der Kreide sehr wichtig gewesen. Wenn man auch zugeben muß, daß Zimmerungs¬ hölzer zur Erhaltung bis in unsere Zeit herauf auch nicht annähernd so günstige Bedingungen vorfanden, wie dies in den ersoffenen alpinen Kupfergruben oder in den Salzbergbauen der Fall ist, so dürfte die überall noch nachzuweisende besondere Kleinheit der untertägigen Baue doch eine besondere Rücksichtnahme auf die Einsturz¬ gefahr darstellen. Die wiederholten Funde von verunglückten Bergleuten in den Gru¬ ben (Bull. Soc. d’anthrop. de Bruxelles 24 [1905] Ru tot) deuten darauf, daß trotzdem Grubenunglücke durch Nieder¬ brechen sich ereigneten. Diese Gefahren hat man auch zu mildern versucht, in¬ dem man überall dort, wo man den Abbau einstellte, sogleich durch einfachen Versatz die Hohlräume wieder ausfüllte. Neben den dabei gewonnenen Sicherheiten ersparte man sich auch eine weitere Förderung des feuersteinfreien Hauwerkes. § 9. Der gewonnene Feuerstein wurde z. T. bereits in den Gruben roh zugeschlagen und einfach aufgearbeitet, wie uns die massenhaften Abspließer sowie liegenge¬ bliebene Fehlfabrikate zeigen, z. T. wurden die gewonnenen Knollen und Brocken un¬ verändert an den Tag gefördert. Die Art der Förderung scheint mir nicht ganz geklärt. In einzelnen Gruben sind Rillen vom Einschneiden der Seile im Ge¬ stein deutlich erhalten, sodaß man wohl an Seilförderung mit Ledertaschen oder ge¬ flochtenen Körben nicht zweifeln kann. Wahrscheinlich war dies auch in den andern Gruben gebräuchlich. Daß auch die Fah¬ rung im Seilbetriebe stattfand, erscheint mir sehr zweifelhaft. Der Grund hierfür liegt hauptsächlich darin, daß die Anferti¬ gung solcher Seile, wie sie zur Fahrung un¬ erläßlich sind, bei der sonstigen Primitivität der ganzen Baue unwahrscheinlich ist, und daß ferner der Verbrauch an Seilen infolge ihrer starken Abnutzung an den Schleif-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29931125_0001_0581.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)