Volume 1
Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert.
- Max Ebert
- Date:
- 1924-32
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Credit: Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert. Source: Wellcome Collection.
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![Quellsole oder besser gesagt die Verwen¬ dung salzhaltiger Wasser läßt sich für die Vorzeit wohl schwer nachweisen, weil sich an Ort und Stelle von dieser Gewinnung keine Reste erhalten haben und sich nur unter günstigen Bedingungen aus den Fund¬ verhältnissen in der näheren oder weiteren Umgebung indirekte Schlüsse auf die Be¬ nutzung von Salzquellen ziehen lassen. So sprechen die Briquetage-Funde von Vic in Lothringen wie auch die bei Salores und Bourte Court zweifellos für eine Ge¬ winnung von festem Salz aus Salzlösung. Nur ist die Zeitstellung dieser Anlagen um¬ stritten. § 37. Besser steht es diesbezüglich um das Quellsolegebiet bei Reichenhall in Süd- bayern. Dort fand man, etwa 25 Minuten von der Stadt entfernt, eine Kultstätte in Form eines Hügels, der Langacker heißt. Er hatte etwa 24 m im Dm, 100 Schritte im Umfang und ragte in der Mitte im Jahre 1879 noch volle 4 m kegelförmig über den Ackerboden hinaus. Nach Ent¬ fernung der Grasnarbe stieß man auf eine bis 1,20 m dicke Kulturschichte aus klein¬ zersplitterten, weißgebrannten Tierknochen. In diesem auf 270 kbm veranschlagten Knochenschotter wurden Bruchteile von mehr als 700 Gefäßen gefunden; sie gehören der BZ und HZ an. Unter der Knochen¬ schichte erstreckt sich einKohlenaschenlager bis zu 60 cm Mächtigkeit, und wiederum finden sich reichliche Mengen von Tier¬ knochen, dazu nur spärliche Reste von Scherben. Das Knochenmaterial bestreiten durchwegs Haustiere; sehr gering sind die Überreste wilder Säuger. Die Menge von Knochenresten läßt sich durch lange Zeit an dieser Stelle gepflogene Opfer erklären. M. Much bringt die Opfer in Zusammenhang mit der Salzgewinnung, und es ist kein Zweifel, daß nur in der Gewinnung und Verhandlung von Salz nahe dieser Opfer¬ stätten der Grund ihrer enormen Ausdeh¬ nung zu suchen ist. Da der Beginn des Salzbergbaues im benachbarten Dürrnberg (bei Hallein) jün¬ ger ist als die ältesten Funde vom Lang¬ acker und auch während des Salzabbaues die Verfrachtung des Salzes vom Dürrn- berg zum Langacker, den man als eine Art Hauptumschlagplatz für Salz auffassen könnte, aus verkehrsgeographischen Grün¬ den unwahrscheinlich ist, so muß ange¬ nommen werden, daß die Solequellen von Reichenhall, die heute bis zu 24 % Salz¬ gehalt aufweisen, auch schon in präh. Zeit in großem Maße nutzbar gemacht wurden. Wohl durch die Solequellen kam man schlie߬ lich auch zu den eigentlichen Salzlagern, und dort, wo sie nicht zu tief lagen, schritt man auch zum Abbau der Kernsalzbänke. Wenn man von einer Nachricht Chantre’s (Caucase I [1885]) über einen präh. Salz¬ abbau bei Kulpe im Südkaukasus absieht, welcher Abbau nicht genügend untersucht ist und sich auch zeitlich nicht näher einreihen läßt, so kennen wir nur aus den Ostalpen, und zwar aus Hallstatt und aus dem Dürrnberg bei Hallein, sichere und sehr ausgedehnte präh. Baue auf Salz. §38. Das Salzlager bildet in Hall statt (s. d.) eine kuppenförmige Erhebung. An einem schmalen Rücken, der von SO nach NW zieht, schließen sich, die Hauptmassen des Salzlagers bildend, zwei breite Flügel an; der eine zieht gegen N und der andere gegen W. Die vorgesch. Baue finden sich unterhalb der geringsten Gebirgs- überlagerung, hauptsächlich im West- und Ostflügel. Die Grubenfelder liegen von der Tagdecke gewöhnlich in Vertikalab¬ ständen von 100—200 m, das tiefste liegt 300 m, das seichteste 70 m. Nach alten Aufschreibungen der Salinenverwaltung Hallstatt wurden im höchstgelegenen Teile des Salzlagers von oben nach unten vorge¬ triebene Schächte angetroffen, auf deren Grunde der Salzabbau nach verschiedenen Richtungen hin betrieben wurde. Am Tag sind stellenweise Pingen erhalten, die mut¬ maßlich vom Niedergange alter Baue her¬ rühren. Die Funde, welche im Berge gemacht wurden, ähneln sehr denen von Dürrnberg, die später zu besprechen sein werden. Hier seien nur einige wenige, besonders pro¬ minente aufgeführt, so Bruchstücke eines Pickels aus Bronze, hölzerne Schale aus Ahorn, zahlreiche Überreste von Fellen, Geweben und Stoffen von verschiedener Feinheit und Färbung, mit schachbrett¬ artigen Ornamenten, zwei Taschen aus Kalbsleder, aus Binsen geflochtene Matte, sowie Blätter mit Gras oder Bast in Bü-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29931125_0001_0624.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)