Volume 1
Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert.
- Max Ebert
- Date:
- 1924-32
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Credit: Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert. Source: Wellcome Collection.
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![§ 8. Nach Much (Heimat der Indogerma¬ nen1 1904) sind in der j. StZ Bernsteinarte¬ fakte durch wandernde Scharen aus dem Westbaltikum nach dem S gebracht wor¬ den; auch Kossinna (Mannus 2 [1909] S. 76/77) betont das Vorkommen von Bern- steinschmuckstücken in neol. Gräbern in Ostdeutschland, Polen und Galizien, die, nach der Art der keramischen Beigaben zu urteilen, Auswanderern aus dem Heimat - gebiet der Megalith- und Schnurkeramik zugeschrieben werden müssen. Während also in der j. StZ westbalt. Rohbernstein bzw. aus solchem gefertigte Artefakte hauptsächlich durch Wanderungen ver¬ breitet wurden, ging B. von der kimbrischen Halbinsel in der BZ im Wege des Han¬ dels nach dem S, wofür Gold in Form von Spiralringen sowie Rohbronze und Bronze¬ gegenstände eingehandelt wurden (Aarb. 1886 S. 302 S. Müller; ZfEthn. Verh. 1890 S. 280 Olshausen). Inwieweit die beiden 1 Bernsteinfundgebicte, das west- und ost- balt., in der Folgezeit am vorgesch. Bern¬ steinhandel beteiligt gewesen sind, ist schwer zu sagen. Wenn auch, wie oben bemerkt, Italien erst zur RKZ oder jedenfalls nicht lange vorher Handelsbe¬ ziehungen mit dem samländischen Fund- gebiet anknüpfte, so ist doch anzunehmen, daß das ö. Mitteleuropa und Osteuropa vom ostbalt. Gebiet aus mitB. versorgt wurden. Es dürfte als wahrscheinlich anzusehen sein, daß die zahlreichen, in vorgesch. Grä¬ bern in Ostdeutschland, Polen und West¬ rußland aufgefundenen Bernsteinartefakte wenigstens teilweise aus Rohmaterial, das von der ost- und westpreuß. Ostsecküstc stammte, hergestellt waren, und daß die an der Ostsee ansässigen Völker und Volksstämme den heimischen B. ebenso als Austauschmaterial mit Nachbarstämmen benutzten wie die Bewohner der jütlän- dischen Halbinsel. Da sich, wie oben (§ 2) bemerkt, B. auch in weiter Verbreitung im Inlande findet, so ist es möglich und sogar wahrscheinlich, daß auch solcher Erdbernstein, wenn er ge¬ legentlich im Boden gefunden wurde, zur Herstellung von Artefakten benutzt worden ist. § 9. B. findet sich zuweilen in Form von Rohbernstein, also unbearbeiteten Stük- ken, sowohl in Siedelungs- wie in Depot - und Gräberfunden, vor allem aber in Grä¬ bern als Beigabe. Weit häufiger jedoch sind Bernsteinstücke, die mehr oder minder kunstvoll zu Artefakten verarbeitet wor¬ den sind (die steinzeitl. Technik der Bear¬ beitung hat Klebs Bernsteinschmuck der Steinzeit 1882 geschildert). Solche Artefakte dienten hauptsächlich als Schmuck („Per- | len“, „Knöpfe“, Anhänger). Sehr selten \ ist B. zu Gebrauchsgegenständen verarbei- ; tet worden; die sog. „Knöpfe“ und „Dop- i pelknöpfe“ dienten sehr wahrscheinlich als j Anhänger und nicht zum Befestigen der ; Kleidung. Von der BZ an hat B. auch als Material für Einlagen in Metallgegenstände (z. B. Bronzewaffen und -fibeln) gedient, oder er wurde in Verbindung mit Metall als Schmuck verwendet (Beispiel: Fibeln, die am Bügel Bernsteinperlen oder Bernstein- scheiben tragen). Zur Verwendung des B. als Schmuck haben vielleicht nicht nur Farbe, Glanz und Durchsichtigkeit des Minerals gereizt, son¬ dern es spielte sehr wahrscheinlich auch die Bedeutung des B. als Schutzstein eine wesentliche Rolle. So können gewisse Bernsteinartefakte, wie die hammer- und axtförmigen Stücke (s. § 10A) wohl nur als Amulette (s. d.) gedeutet werden. Ge¬ legentlich ist B. auch, besonders im Gebiet seines Hauptvorkommens an der ostpreußi- I sehen Küste, zur Herstellung von Idolen in Form von Menschenfiguren verwendet worden (s. § 10 A). § 10. In der hier folgenden Übersicht ist nur das Wichtigste zusammengefaßt worden. Wegen der Einzelheiten vergleiche man vor allem Olshausens Arbeiten, der einen großen Teil der bis 1890/91 bekann¬ ten Funde zusammcngestellt hat, sowie auch A. B. Meyer Gurina 1885 S. 78 ff. und Hedinger Die vorgesch. Bernsteinartefakte 1903, letztgenannten jedoch wegen zahl¬ reicher Flüchtigkeiten und Unklarheiten mit größter Vorsicht. Eine neuere Zusam¬ menfassung fehlt noch. A. Steinzeit. B. kommt bereits in paläol. Höhlenwohnungen Mährens, in der Gudcnushöhle in Niederösterreich, in den Pyrenäen sowie in Frankreich vor; jedoch hat er im Paläol. zweifellos nur eine ganz geringe Rolle gespielt. Im Mcsol.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29931125_0001_0648.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)