Volume 1
Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert.
- Max Ebert
- Date:
- 1924-32
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Credit: Reallexikon der Vorgeschichte : unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter / herausgegeben von Max Ebert. Source: Wellcome Collection.
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![nennen (Präh. Z. 6 [1914] S. 146 llack- mann), aber auch wesentl. nördlicher sind Bernsteinfunde zu verzeichnen (vgl. die oben erwähnte Karte von Tallgren). Aus dem arktischen Kulturgebiet in Norwegen hat A. W. Brogger bemerkenswerte Bern¬ steinartefakte aus Linnes und Hero be¬ schrieben (s. die Literatur). Inwieweit jedes der beiden Hauptfund- gebiete für Rohbernstein: Jütland einer¬ seits und Ostpreußen anderseits als Ur¬ sprungsländer, aus denen der B. ausgeführt wurde, in Frage kommt, ist nicht leicht zu entscheiden. Tischler (Ph. Ö. Schi. 1883) nahm ursprünglich an, daß Bernsteinknöpfe mit V-Bohrung dem ostbalt. Gebiet eigen- tümlich seien, jedoch wiesO ls ha u sen (1890) nach, daß sich diese nicht selten auch im Bereich der Megalithkultur finden, wie denn überhaupt die V-Bohrung in der j. StZ und auch noch in der ältesten BZ in Europa weit verbreitet ist. Dieses Kennzeichen kann also nicht zur Unterscheidung des ost- und westbalt. Bernsteingebietes verwendet werden. Auch das Vorkommen von Bern¬ steinidolen (Tier- und Menschenfiguren; Tf. 134 a) ist nicht auf ostbalt. Gebiet be¬ schränkt, wenn sie auch dort häufiger sind als im W (Bernburg; Västergötland; Linnes in Norwegen: Brogger Den arktiske Sten- alderAbb. 204, 205,26911.270). Dagegen sind Bernsteinartefakte in Gestalt von Äxten mit Schaftloch, Doppelhämmcrn und dop¬ pelschneidigen Äxten, die offenbar ent¬ sprechenden Steingeräten nachgcbildet und als Votiväxte aufzufassen sind, dem west¬ balt. Gebiet eigentümlich. Im übrigen aber haben beide Gebiete in bezug auf Form und Herstellungsart der Bernsteinartefakte vieles miteinander ge¬ meinsam, und die Entscheidung, welche Stücke dem ostpreußischen und welche dem jütländischen Produktionsgebiet ent¬ stammen, wird daher in vielen Fällen un¬ möglich sein. In England ist an Stelle von B. vielfach Jet und Cannelkolde sowie Sandstein und Schiefer zu Artefakten verarbeitet worden, welche ganz ähnliche Formen zeigen wie die ostpreußischen Stücke; daneben finden sich aber auch Bernsteinartefakte (s. B e r n s t e i n C). Solche kommen ferner in Frankreich sowohl in Höhlengräbern wie in Dolmen vor, dgl. in der Schweiz in Hockergräbern und in Pfahlbauten. Dagegen sind steinzeitl. Berrrsteinarte- faktc aus den übrigen Alpenländern sowie aus Süddeutschland und Österreich-Ungarn bis jetzt nicht bekannt. Auch im ganzen Mittelmeergebiet scheint bearbeiteter B. in der StZ nicht vorzukommen. B. Bronze- und Hallstattzeit. Da in der Literatur die frühe EZ vielfach zur BZ hinzugerechnet und als jüngste BZ be¬ zeichnet wird (== Per. VI Mont.), ander¬ seits der Begriff PIZ sowohl die j. BZ (= Per. IV -P V Mont.) wie die frühe EZ (Per. VI Mont.) umfaßt, ist es in vielen Fällen schwierig bzw. unmöglich zu erkennen, auf welchen Zeitabschnitt sich die betr. Litera¬ turangabe bezieht. Daher sollen beide hier zusammen behandelt werden. B. hat in Nordeuropa während der BZ sehr viel weniger Verwendung zur Her¬ stellung von Schmucksachen und Amu¬ letten gefunden als in der StZ, wofür von den meisten Autoren als Grund angeführt wird, daß nunmehr der B. Handelsgegen¬ stand geworden und daher lieber vertauscht worden sei, als daß man ihn im Lande be¬ hielt. In der Tat tritt B. seit Beginn der BZ auch in s. Ländern auf, in denen er zur StZ noch fehlte, und gewisse Tatsachen, wie die Häufung von bronzezeitl. Goldfunden im w. Jütland, sind wohl mit Recht als Be¬ weise für Bernsteinhandel angesehen wor¬ den (s. Handel). Im allg. ist jedoch die Bedeutung des vorgesch. Bernstein- handeis offenbar von vielen Autoren über¬ schätzt worden. Wenn der B. im N von der BZ ab weniger in Erscheinung tritt als in der StZ, so ist dafür auch ein Grund namhaft zu machen, auf den bisher wohl noch niemals hingewiesen ist, daß nämlich die jetzt aufkommende und schließlich herrschend werdende Sitte der Leichenver¬ brennung der Erhaltung von Bernsteinarte - fakten sehr ungünstig gewesen ist, was zweifellos stark ins Gewicht fällt, weil die Mehrzahl aller Bernsteinfunde aus Gräbern stammt. Einige der steinzeitl. Formen der Bernsteinartefakte, wie z. B. die Knöpfe mit V-Bohrung, setzen sich bis in die ältere BZ hinein fort; dann aber treten neue For¬ men auf. Fast durchweg sind die bronze- und hallstattzeitl. Bernsteinartefakte den](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29931125_0001_0654.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)