Wie sind die Seelenstörungen in ihrem Beginne zu behandeln ? : eine von der "deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und gerichtliche Psychologie" mit dem vollen Preise gekrönte Abhandlung / von A. Erlenmeyer.
- Erlenmeyer, Adolph Albrecht, 1822-1877
- Date:
- 1860
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Credit: Wie sind die Seelenstörungen in ihrem Beginne zu behandeln ? : eine von der "deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und gerichtliche Psychologie" mit dem vollen Preise gekrönte Abhandlung / von A. Erlenmeyer. Source: Wellcome Collection.
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![D. Die Schwache der geistigen Kräfte. In den allermeisten Fällen ist die Schwäche der Intelligenz (zum Unterschied von dem in der Kindheit hervortretenden Mangel der In- telligenz [Idiotie], von der hier keine Rede ist) ein secundäres und selbst tertiäres Leiden. Es geht entweder, wie dies oben dargelegt ist, die primäre Gemüthsslörung in Intelligenzstörung über und als drittes Glied tritt erst der Schwachsinn auf — oder aber die (traurige und heitere) Gemüthsslörung geht direct in Geistesschwäche über — oder endlich die primäre Intelligenzstörung geht in Schwachsinn über. In allen diesen Fällen bleiben Nachklänge des frühem Leidens zurück, welche dem Schwachsinnigen immer ein besonderes Gepräge geben. Der früher Melancholische hat auch im spätem Schwachsinn noch zurückgebliebene Symptome der Melancholie, der früher Tobsüchtige leidet noch öfter bei seiner geistigen Schwäche an Aufregung, der früher Wahnsinnige lässt immer noch einzelne Reminiscenzen des Wahns hören. Ein ganz reines Bild ist bei diesem consecutivcn Schwachsinn sehr selten, es sind immer mehr oder weniger Mischformen. Daher rührt es denn auch, dass der reine Schwachsinn, wie wir ihn gleich schildern werden, für Viele so schwer zu erkennen ist. W ir könnten manches Beispiel anführen, wo sowohl in civilrechtlicher als auch crin^alrechthcher Beurtheilung die geistige Schwäche total uNnkannt worden ist, wo nicht bloss von Acrzten, welche nur wenio- Gelegenheit zur Beobachtung und Beurtheilung Seelengestörter haben, sondern auch von Gerichtsärzten und medioinischen Collegien die geistige Schwäche nicht aufgefunden worden ist. Das reinste Bild des Schwachsinns bildet die primäre Entwicke- lung desselben, welche wir desshalb etwas ausführlicher besprechen wollen. Ein Mann, welcher bis dahin sein Gsschäft sehr vortrefflich besorgt hat, verliert allmählich die Uebersicht über dasselbe. Der Kaufmann ist unfähig günstige Gelegenheiten für seinen Handel zu erkennen, ci ist nicht im Stande die Handelsconjuncluren richtig zu veiweithen; er durchschaut die Pläne derjenigen nicht mehr, welche mit ihm in Handelsverbindungen stehen, er ist ausser Stande, com- pheirte Berechnungen mit derselben Fertigkeit zu übersehen oder auszuführen. Der Richter, welcher früher mit grossem Scharfsinn](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b28100694_0055.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)