Tastsinn und Gemeingefühl / von Ernst Heinrich Weber ; hrsg. von Ewald Hering ; mit einem Bildnis von E. H. Weber.
- Ernst Heinrich Weber
- Date:
- 1905
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Credit: Tastsinn und Gemeingefühl / von Ernst Heinrich Weber ; hrsg. von Ewald Hering ; mit einem Bildnis von E. H. Weber. Source: Wellcome Collection.
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![Was zuerst den Grad der Wärme und Kälte betrifft, welcher erforderlich ist, damit Gemeingefühlsempfin- dungen und sogar Schmerz entstehen, so scheint der- selbe Grad, welcher die Nerven, wenn er einige Zeit auf sie einwirkt, in ihrem Leitungsvermögen beschränkt oder sie sogar dessen auf einige Zeit beraubt, auch Empfindungen des Ge- meingeftihles zu erwecken, die bis zum Schmerze steigen, wenn sie heftig werden. Eine Temperatur von 39° R, wenn sie hinreichend lange auf unsere Organe einwirkt, schwächt noch das Leitungsver- mögen, und ungefähr derselbe Grad ist es auch, der auch noch die Gemeingefühlsempfindungen und einen mäßigen Schmerz hervorrufen kann. Meine Versuche sind nicht ausreichend, um zu bestimmen, welcher Grad der Kälte noch das Leitungs- vermögen der Nerven merklich schwäche, ich kann nur so viel sagen, daß eine Temperatur von 9° R und von 10° R diese Wirkung noch hervorbringt, wenn das Wasser lange genug einwirkt, und der eingetauchte Teil groß ist. - Wenn wir eine Hand in mäßig heißes Wasser eintauchen, so ist die Empfindung beim Eintauchen lebhaft und nimmt alsbald ab, hierauf nimmt sie aber allmählich wieder zu und wächst bis zum Schmerze, der endlich einen Grad erreicht, der uns nötigt, die Hand herauszuziehen. Je geringer die Hitze ist, desto länger dauert es, ehe der Schmerz entsteht. Da die Kälte, welche das Wasser annehmen kann, nur 0° be- trägt, so hat man Zeit genug, zu beobachten, wie die Emp- findung, welche auch hier anfangs am lebhaftesten ist, abnimmt, endlich aber wieder zunimmt und nach einiger Zeit bis zum Schmerz steigt, denn hier dauert es immer längere Zeit, ehe der Schmerz entsteht, und derselbe erreicht niemals den Grad^ daß man ihn nicht ertragen könnte. Dem Schmerz gehen in beiden Fällen andere Gemeingefühlsempfindungen voraus. In der Hand, die man in warmes Wasser von etwa 40,5° oder 41° R eintaucht, fühlt man eine Spannung oder Fülle, es ent- steht in ihr eine Unruhe, welche von dem heftigeren Pulsiereu der kleineren Arterien und von einem Zittern herzurühren scheint, in das einzelne Muskelbündel geraten. Dasselbe Zittern beobachtet man in der Zungenspitze, wenn man sie eintaucht. Auch starke Kälte bringt es hervor. Als ich 2y2 Minute lang den Mittelfinger der einen Hand in Wasser eintauchte, dessen Temperatur 40,5° R war, wäh- rend ich den der anderen [572] in Wasser eintauchte, dessen](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21166687_0142.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)