Die Hysterie nach den Lehren der Salpêtrière : Normale oder interparoxysmale Hysterie.
- Georges Gilles de la Tourette
- Date:
- 1894
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Credit: Die Hysterie nach den Lehren der Salpêtrière : Normale oder interparoxysmale Hysterie. Source: Wellcome Collection.
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![berichtete Guillerot von einer Frau, welche hysterisch geworden war in Folge einer Gemütsbewegung, die sie durchmachte, als ihr Ehemann sie beim Ehebruche auf frischer That ertappte1)- Charcot führt zahl- reiche ähnliche Fälle an, so den eines Mannes, welcher beim Anblick des noch zuckenden Leichnams seines Sohnes, der von einem Gerüste gefallen war, hysterisch wurde '-'). In der Diskussion, welche sich am 26. Mai 1887 an eine Mit- teilung Barbier's in der Societe clinique de Paris anschloss, wonach die Hysterie sich nach einer empfangenen Ohrfeige gezeigt hatte, erwähnte Ren du eines Studenten der Medizin, der durch die Treulosigkeit seiner Braut vollständig hysterisch geworden war. Halten wir in der ausländischen Litteratur Umschau, so finden wir, dass Leyden unter dem Namen „Shock durch Gemütsbewe- gungen die psychischen und somatischen Wirkungen heftiger Gemüts- bewegungen beschreibt, ohne übrigens ihre Natur zu mutmassen), von dem einfachen Erbleichen des Gesichtes, verbunden mit einem geringen Zittern der Hände an bis zu den ernstesten Störungen, die bisweilen plötzlich den Tod herbeiführen können. „Es ist bemerkenswert, sagt Guinon, dass von den drei Beobachtungen, die er anführt, wenigstens eine, diejenige, die erLavirotte entnommen hat'1), ganz bestimmt ein Beispiel von hysterischer Lähmung mit Aphonie ist. Unter den heftigsten Gemütsbewegungen nehmen gewiss die durch Furcht verursachten die erste Stelle ein 5). Auch kann man nicht selten von Hysterischen vernehmen, „dass ihre Krankheit in Folge von Furcht entstanden sei. Welcher Art die Furcht sei, ist gleichgiltig, mag es die Furcht eines Soldaten in der Schlacht sein, oder die Furcht eines Kindes, welches in der Nacht die es umgebenden Gegenstände für Geister oder Gespenster hält, oder welches den Ausgang eines Examens fürchtet °), oder auch die Furcht einer Person, die auf ihrem Wege einen von seinen Anfällen niedergeworfenen Epileptischen antrifft. Und wie die Furcht, gleich allen Gemütserschütterungen, im Stande ist, die hysterischen Erscheinungen hervorzurufen, so kann sie dieselben eben so gut plötzlich verschwinden machen. Manchmal genügt eine einzige Erregung, um den Ausbruch der Neurose zu veranlassen. Aber es ist nicht immer so, und oft führt erst eine mehr oder _ weniger lange Reihe von Erregungen zu diesem Effekt. Dies leitet uns auf die durch den Einfluss der Erziehung hervorgerufene Hysterie. Es ist das, wie leicht einzusehen, ein wichtiges ätiologisches Moment der Hysterie bei Kindern, das auch von fast allen, die sich mit der Frage beschäftigt haben, wohl gewürdigt worden ist. Schrieb doch Brodie schon im Jahre 1837, indem er von hysterischen !) De l'imagination et de son influence sur la sante et sur les maladies. These de Paris, 1837. 2) Lecons du mardi 1889, pag. 292. 3l Klinik der Rückenmarkskrankheiten. 4) Observations sur l'effet de ]a colere. Gazette des hopitaux 1868. 5) Mosso, La peur Paris 1886. 6) Kr äfft. Paralysies hysteriques provoquees par la craitite des examens. Revue med. de la Suisse P.omande, 2. Mai 1891.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21023074_0062.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)