Die Medicin der Naturvölker : Ethnologische Beiträge zur Urgeschichte der Medicin / Von Dr. Max Bartels ... Mit 175 original-Holzschnitten im Text.
- Bartels, Max (Maximilian), 1843-1904.
- Date:
- 1893
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Credit: Die Medicin der Naturvölker : Ethnologische Beiträge zur Urgeschichte der Medicin / Von Dr. Max Bartels ... Mit 175 original-Holzschnitten im Text. Source: Wellcome Collection.
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![1. Die (Quellen zu einer Vorgeschichte der Mediciii. J)iis letzte halbe .lalirhimdert hat in dem Studiuiii der Geschichte ganz gewaltige Unnvälzungen hervorgerufeD. AVir haben gelernt, dass keineswegs aus- schliesslich das geschriebene und uns überlieferte Wort die wahre und einzige Quelle der historischen Wissenschaft ist, sondern dass — ganz al)- gesehen davon, dass man hier liisweilen absichtlichen Fälschungen und ten- denziösen Entstellungen begegnet — auch noch ganz andere Quellen von uns erschlossen werden müssen. Es ist uns mit zwingender Gewissheit die l^hatsache zum Bewusstsein gekommen, dass der Mensch nicht plötzlich und unvei-mittelt in denjenigen Zustand der gesellschaftlichen Kegelung und (yultur eingetreten ist, welchen man kui'zweg als „die Geschichte be- zeichnet hat, d. h. von dem uns geschichtliche Nachrichten aufgezeichnet worden sind, sondern dass bereits tausende von Jahren vor jeglichem ge- schriebenen Documente die Menschheit ihre „Geschichte hatte, dass sie ihre socialen Gesetze besass, ihie religiösen Institutionen, ihre Künste und Wissenschaften, von denen der geschi-iebene Buchstabe auch nicht die leiseste Andeutung auf uns hat gelangen lassen. ])urch das deutliche Bewusstwerden cheser neuen Thatsache entwickelte sich eine ganz neue Disciplin, die Urgeschichte. Das Quellenmaterial, aus welchem sich diese aufbaut, ist im Avesentlichen ein vierfaches. In erstei- Linie sind es naturgemäss die zufällig gemachten oder die zielbewusst gesncliten antiquarischen Funde, welche die prähistorische Archäologie zu erläutern hat. Von hoher Bedeutung sind aber auch gewisse Sitten, Gebräuche und Anscliauungen der heutigen niederen Volksschichten imd namentlich des Landvolkes, welche sich als sogenannte „Ueberlebsel aus längst vergangener Vorzeit kennzeichnen. Zu ihrer Erklärung hat die Volkskunde einzutreten. Als dritten Factor haben wir die aufmerksame Betrachtung der Lebens- weise der heutigen Naturvölker zu nennen, welche uns heute noch ver- schiedenartige Culturstufen vorführen, auf denen einstmals auch die histo- rischen Völker gestanden haben, bevor sie den culturellen Höhepunkt ilirer Entwickelung erreicht hatten. Hier uns das nöthige Material herbeizn- scbaüen ist die Sache der Ethnologie. Die vierte Quelle endlich, die wir benutzen müssen, bietet sich uns in der vergleichenden Sprachforschung dar, welche aus l)estimniten Wort- bildungen und Buchstabenformen bedeutungsvolle Rückschlüsse auf vei'- gangene Gulturverhältnisse zu machen gelehrt hat. 1*](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21034916_0019.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)