Die Medicin der Naturvölker : Ethnologische Beiträge zur Urgeschichte der Medicin / Von Dr. Max Bartels ... Mit 175 original-Holzschnitten im Text.
- Bartels, Max (Maximilian), 1843-1904.
- Date:
- 1893
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Credit: Die Medicin der Naturvölker : Ethnologische Beiträge zur Urgeschichte der Medicin / Von Dr. Max Bartels ... Mit 175 original-Holzschnitten im Text. Source: Wellcome Collection.
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![Diese selben Quellen nun. Avelcher wir für die Antängc der Gescliiclitc und der Culturgeschichte im Allgemeinen bedürfen, müssen wir auch zu Bathe ziehen, wenn wir die Gesihiclito s))ocieller Oulturgeliiete zu studiren beabsichtigen. Auch die Medicin bat ihre Vorgeschichte, welche ihre Schatten noch weit in das Leben der heutigen Völker hineinwirft. Aber von einem systematischen Studium derselben ist bisher noch nicht die Eede gewesen. Allerdings stehen uns auch hier bereits manche vereinzelte Bausteine zur Verfügung, aber sie bedürfen noch ganz erheblich der Ver- mehrung, und vor allen Dingen der sorgtältigen Sammlung, Zusammenstellung und Vergleichung. Wir wollen nun zusehen, von welcher der vorher g(^- nannten vier Quellen Avir für die Urgeschichte der Medicin die aus- giebigsten Aufschlüsse zu erwailen haben. Von der vergleichenden Sprachforschung sind wir l)isliei' am spärlichsten bedient worden. Das hat aber vielleicht darin seinen Gnind, dass ihr noch nicht hinreichend präcise Fragen vorgelegt worden sind. Recht beachteuswerthe Resultate verdanken wir bereits der Wissen- schaft des Spatens. Wir werden (birauf hier aber nur ganz beiläufig zurückkommen können. Das Material, das uns die Volkskunde geliefert hat, ist ein sehr reichliches, jedoch zu seiner Verwerthung für die Urgeschichte der Medicin bedarf es noch einer ganz besonders sorgtältigen Kjritik und Vorsicht. Denn nicht Jegliches, das uns in der Volksmedicin entgegentritt, spiegelt uns die Anschauungen und Maassnahmen der auf einer primitiven Cultur- stufe stehenden Menschen, oder mit anderen Worten prähistorische üeber- lebsel wieder, sondern nicht Wenige sind die Ueberreste alter Magistral- Medicin, welche, von den Aerzten schon längst verworfen und vergessen, allmälüich in den Wissensschatz der sogenannten Bauern-Doctoren gelaugt sind, und bei diesen nun mit echter Bauernzähigkeit haften. Endlich haben wir- noch von der Ethnologie zu sprechen. Dieselbe bietet, wie für die Cultui'geschichte im Allgemeinen, so auch für die Ur- geschichte der Medicin die allerwichtigste Fundgrube dar. Wir begegnen bei den Natm'völkern überall der auffälligen Erscheinung, dass sie in gleichen Lel)enslagen zu ganz gleichen oder selu' ähnlichen Maassnahmen und Anschauungen gelangen, ganz gleichgültig, ob sie im hohen Norden, ob sie am Aequator, oder ob sie in einer gemässigten Zone Avohnen. Das ist es, was Adolf Bastian als den Völkergedauken be- zeichnet hat. Kleine Varianten können, wie es Avohl selbstverständlich ist, nicht ausbleiben, wie sie die umgebende Natur l)edingt. Ob ein Volk in dem Hochgebirge wohnt, oder an dem Strande des ]\[eeres, ob es ein Wald- uud Jägervolk ist, oder ein Hirten- und Steppenvolk, oder eine fischende und seefahi-ende Nation, das bedingt, wie man wohl begreifen wü'd, gewisse Localfärbungen in ihren Mythen und in ihrer Dämonologie, sowie in ihren alltäglichen Lebensgewohnheiten. Al)ei- der Kern ihrer Anschauungen bleibt doch im Grossen und Ganzen der gk^iche. Nicht wenige dieser Völker- gedanken spielen auch noch in dem Leben der heutigen Culturvölker eine wichtige RoHe, und ihnen nachzuspüren und ihren psychologischen ^iisammenhang darzulegen, darin liegt die hohe Bedeutung der modernen Ethnologie. Tu Bezug auf die primitiven Anfangsstadien der Medicin erötihefc](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21034916_0020.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)