Geschlecht und Charakter : eine prinzipielle Untersuchung / von Otto Weininger.
- Date:
- 1905
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Credit: Geschlecht und Charakter : eine prinzipielle Untersuchung / von Otto Weininger. Source: Wellcome Collection.
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![das unter der Bedingung für jedes vernünftige Wesen gilt, wenn die Vernunft bei ihm ohne Hindernisse praktisch wäre; für Wesen, die, wie wir, noch durch Sinnlichkeit, als Triebfedern anderer Art, affiziert werden, bei denen es nicht immer geschieht, was die Ver- nunft für sich allein tun würde, heißt jene Notwendigkeit der Handlung nur ein Sollen, und die subjektive Notwendigkeit wird von der objektiven unterschieden.« Aller Wille ist Wille zum Wert, und aller Trieb Trieb nach der Lust; es gibt keinen Willen zur Lust und auch keinen Willen zur Macht, sondern nur Gier und zähen Hunger nach der Herrschaft. Platon hat dies im »Gorgias« wohl erkannt, er ist aber nicht verstanden worden. 466 DE: cp-/]pi yap, w II&Xs, sycb ro6$ c'rjropa<z v.od roo<; xopavvoix; Sovaa-frai asv Iv xal? TtöXsai a|rtzp6tatov7 toatrsp vöv drj eXeyov ■ odosv yap %otstv wv ßooXovxat, to£ sieo? slicstv * r.oislv jisviot. oxt av aoxot? S6£if] ßeXuaTov slvat. Und das »oö8ei<; sxtbv oc{JLapxav£t« des Sokrates — noch oft wird es wohl verloren gehen, immer wieder werden all die seichten und verständnislosen Einwände gegen diese gewisseste Erkenntnis sich vernehmen lassen und die noch traurigeren Versuche, Sokrates wegen dieses Ausspruches gewissermaßen zu entschuldigen (so z.B. Th. Gomperz, Griechische Denker, Eine Geschichte der antiken Philosophie, Band II, Leipzig 1902, S. 51 ff.), unternommen werden. Um so öfter muß er denn wieder- holt werden. Die Idee eines ganz freien Wesens ist die Idee Gottes; die Idee eines aus Freiheit und Unfreiheit gemischten Wesens ist die Idee des Menschen. Soweit der Mensch frei ist, das heißt frei will, soweit ist er Gott. Und so ist die Kantische Ethik im tiefsten Grunde mystisch und sagt nichts anderes als Fechners Glaubenssatz: »In Gott ruht meine Seele, Gott wirkt sie in sich aus; Sein Wollen ist mein Sollen.« (Die drei Motive und Gründe des Glaubens, Leipzig 1863, S. 256.) (S. 382, Z. 8 f.) Vgl. A. P. Sinnett, Die esoterische Lehre oder Geheimbuddhismus, 2. Aufl., Leipzig 1899, S. 153 —172. (S. 885, Z. 7 v. u.) Es ist eines der schönsten Worte Goethes (Maximen und Reflexionen, III): »Die Idee ist ewig und einzig; daß wir auch den Plural brauchen, ist nicht wohlgethan.« (S. 386, . 14.) Ich finde nur in der kleinen, aber inter- essanten Schrift Karl Joels, Die Frauen in der Philosophie, Ham- burg 1896 (Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vor- träge, Heft 246), S. 59, eine entfernt ähnlich lautende Bemerkung: »Das Weib ist intellektuell glücklicher, aber unphilosophischer nach dem alten Worte, daß die Philosophie aus dem Ringen und Zweifel der Seele geboren wird. Schopenhauers Mutter war eine Roman- schriftstellerin und seine Schwester eine Blumenmalerin.«](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b2190425x_0617.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)