Volume 1
Biographisches Lexikon der hervorragenden Aerzte aller Zeiten und Völker / herausgegeben von dr. August Hirsch.
- Date:
- 1884-1888
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Credit: Biographisches Lexikon der hervorragenden Aerzte aller Zeiten und Völker / herausgegeben von dr. August Hirsch. Source: Wellcome Collection.
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![Kinderkraukheiten und übernahm 1824 nach PüCHELt's Weggange die Leitung der inedicinisehcn Poliklinik, welcher er von 1835 ab bis 1849 in Verbindung mit Prof. Braune, dann aber bis 1852 wieder allein vorstand, wo er durch schwere Erkrankung genöthigt wurde, seine akademische und praktische Thätigkeit aufzu- geben. Er war 1827 zum ausserordentlichen, 1839 zum ordentlichen Professor ernannt worden und starb nach langem Leiden in Folge von wiederholten apoplektischen Anfällen am 26. Juli 1858. — C. war ein ausgezeichneter Praktiker, im besten Sinne des Wortes, und genoss, namentlich als Consiliarius, lauge Jahre hindurch in weitesten Kreisen das grösste Vertrauen. Als Lehi-er stand er auf einem für seine Zeit durchaus rationellen Standpunkte und erfreute sich wegen seines klaren vorzugsweise die praktische Thätigkeit des Arztes berücksichtigenden Vortrages ungetheilten Beifalles. Seine literarische Thätigkeit war, abgesehen von mehrfachen Uebersetzungen französischer und englischer Werke, namentlich der pathologischen Anatomie gewidmet; siehe die „Beschreibung der pathologischen Präimrate des anatomischen Museums zu Leipzig (Leipzig 1819) — „Pathologisch - anato- misches Museum (Daselbst 1821—1824) — „Barioris monstri in museo anat. Lips. adservati descriptio anatomica (Daselbst 1827). Besondere I^rwähnung ver- dient aber noch die unter dem Titel „GoUectanea quaedam de phthisi pidmonum tuhercxdosa (Daselbst 1839) von C. bei seinem Eintritte in die Facultät verfasste, mit vorzüglichen Abbildungen aasgestattete Abhandlung,, welche für die damalige Zeit höchst werthvoll war. ™. , W mt er. Cesalpino, Andrea C, wurde 1519 zu Arezzo in Toscana geboren und zeigte schon als Knabe neben grossen Geistesanlagen eine solche Selbst- ständigkeit, dass er es nicht, selbst bei harten Strafen, über sich gewinnen konnte, seinen Gedankengang und seine Geistesarbeiten den herrschenden Methoden anzu- passen. Mit Eifer legte er sich später auf das Studium der Philosophie und Medicin an der Universität Pisa, wo er auch am 20. März 1551 zimi Docter promovirt wurde. Einige Jahre darauf erhielt er hier eine Professiu- der Medicin und wurde 1555, nach dem Tode seines Lehrers LuCA Ghini Lector der Heil- kräuterlehre und Vorsteher des botanischen Gartens zu Pisa. Diesen Aemtern stand er bis zum Jahre 1592 vor, worauf er einem Rufe als Leibarzt des Papstes Clemens VIIL und zugleich als Professor an der Universität nach Rom folgte. Hier lebte er, vom Papste hochgeehrt, ganz den Wissenschaften, indem er seine Einkünfte zu deren Förderung und zum Besten der Menschheit verwandte, und starb im 84. Lebensjahre, 1603. Wie C. sich als Knabe gezeigt, so auch als Mann: Voll Liebe zu den Wissenschaften, scharfen eminenten Geistes, unabhängig im Urtheil, voll Originalität. Diese seltene Combination geistiger Vorzüge machte ihn zu dem, als welchen die Nachwelt ihn bewundert — zu einem der bedeutendsten Männer auf geistigem Gebiete, die je gelebt. Sowohl in der Philosophie, als in der Medicin und in der Botanik schlug er eigene Pfade ein, die ihn denn auch zu ganz hervorragenden Zielen führten. In der Philosophie bekannte er sich als unbedingten Anhänger des Aristoteles, dessen Lehren er von den verhüllenden Schlacken der Scholastik zu reinigen strebte. Allein in Wahrheit modelte er das Lehrgebäude des Stagiriten gänzlich um und schaffte ein eigenes System, das, dem Gedankenkreise seiner Zeit weit vorgreifend, sich dem des Spinoza nähert. Für ihn ist die Materie nur eine einzige, immaterielle, — Alles, was ist, ist nur ein Theil, ein Ausfluss derselbeu, dieselbe Substanz ist im höchsten Wesen, in der ganzen Natiu- und ihren Geschöpfen. Seine Philosophie, bestrickend durch geistreiche Dcductioneu, dialektische Schlüsse, und dem Ahnen durch Dunkelheit des Ausdruckes reichlich Nahrung gebend, erregte, besonders in I )cutsc]ilaiid, grossen Enthusiasmus, und ihr Schöpfer Wurde gewöhn- lich nur „der Philosoph oder „papa philosophorum genannt. Dass auch Gegner aufstanden, war nur natürlich; am heftigsten geberdetc sich der Möinpelgarder Biogr. Lexikon. I. 44](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21463712_0001_0695.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)