Untersuchung der weiblichen Genitalien und allgemeine gynäkologische Therapie / von R. Chrobak.
- Chrobak, R., 1843-1910.
- Date:
- 1885
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Credit: Untersuchung der weiblichen Genitalien und allgemeine gynäkologische Therapie / von R. Chrobak. Source: Wellcome Collection.
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![sulfuricum in die Harnröhre gewichen. Wenn indessen alle diese Mittel nicht genügen, um die Continenz völlig wiederherzustellen, so muss man je nach der Länge der Harnröhre einen 2^2—3^2 Ctm. langen Keil aus dem Septum urethro-vaginale vom Saum der äussern bis in die Nähe der innern Oeffnung excidiren, dessen Basis in der Vagina etwa 1 Ctin., in der Harnröhre 0,5 Ctm. breit ist und muss dann über dem eingefühi'ten Metallcatheter die Wundränder sorgsam vernähen. Wir kommen bei den Urinfisteln und der Incontinenz noch auf diese Opera- tion, welche leicht und einfach und von sehr gutem Effect [ist, zurück. §. 31. 2) Die partielle Dilatation der weiblichen Harnröhre: Diverticulum urethrae, Urethrocele, auch sackförmige genannt, betrifft die hintere Wand des Organs einige MiUimeter oberhalb der Mündung. Meines Wissens sind in der Literatur bisher nur 4 Fälle dieser Art bekannt geworden. Der erste von Foucher (1857) betraf eine 27jährige Frau, welche seit 4 Jahren an Schmerzen bei der Harnentleerung gelitten hatte und eine an der vordem Scheidenwand 3—4 Mm. oberhalb des Orificium urethrae gelegene Greschwulst besass, die sich beim Zusammendrücken unter Urinabfluss verkleinerte. Ein in die Harnröhre eingeführter Catheter gelangte sogleich in eine ge- räumige Höhle und erst weiterhin durch den Blasenhals in die Blase selbst. Foucher heilte das Leiden, ähnlich wie Job ert die Cystocele, indem er die Scheidenwand auf der ganzen Länge der Greschwulst in- cidirte, nach beiden Seiten hin 1 Ctm. breit ablöste, den losgetrennten Theil abschnitt und nun die Wundränder aneinander heftete. Nach der Vernarbung kehrten die früheren Beschwerden der Kranken nicht wieder. Aehnlich ist Grilette's Fall bei einer 31jährigen 3 Mal entbundenen Frau, die auch durch Excision eines dreieckigen Stückes der Scheidenwand geheüt wurde. Der dritte Fall, von Gr. Simon beschrieben, betraf eine 44 Jahre alte Frau, die 11 Kinder geboren hatte und seit 16 Jahren an unfrei- willigem Urinabofang litt, wenn sie sich stärker bewegte. Seit 3 Jahren tatte die Incontinenz so zugenommen, dass zu gewissen Zeiten aller Urin in jeder Position, selbst im Liegen -abfloss. Die Ocularinspection ergab im Scheideneingang einen fast hühnereigrossen dicken Wulst der vordem Scheidenwand, der sich über die ganze Ausdehnung der Harn- röhre bis zum Blasengrund erstreckte. Drang man mit dem Catheter oder dem kleinen Finger durch das Orificium in die Harnröhre, so kam man unmittelbar hinter dem Orificialrande nicht in einen Kanal, sondern in einen weiten Sack, der sich ohne Abgrenzung in die Blasenhölile fortsetzte. Nur der Orificialrand der Harnröhre hatte in der Breite von 3_4 ]V[ni, seine Normalität und seinen Muskeltonus behalten. Durch ihn wurde der Urin wenigstens im Liegen zurückgehalten. Diese be- trächtliche Erweiterung war entstanden durch bedeutende Varicositäten im Septum urethro-vaginale, die der Harnröhrenschleimhaut so nahe lagen, dass eine stärkere Blutung durch die Untersuchung mit dem Catheter entstand, und die auch nach der Scheide hin als dunkelblau- rothe Stränge prominirten. Simon durchschnitt in zwei Sitzungen etwa zehn Venenstränge, unterband vier derselben doppelt, weil die Blutung aus diesen zu heftig war, und ätzte die Wunde mit Chloreisen. Die Patientin war während dieser Behandlung so wenig angegriffen, dass](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21781801_0776.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)