Untersuchungen zur vergleichenden anatomie der wirbelthiere / von Dr. Carl Gegenbaur.
- Carl Gegenbaur
- Date:
- 1864-72
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Credit: Untersuchungen zur vergleichenden anatomie der wirbelthiere / von Dr. Carl Gegenbaur. Source: Wellcome Collection.
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![ich sie vornehmlich am Hühnchen angestellt habe, giebt auf beide Fragen keine befriedigende Antwort. Es sind schon zu der Zeit der ersten Differenzirung des Knorpelskelets nur jene zwei Stücke vorhanden, und an diesen Anlagen keinerlei Spuren einer Verschmelzung erkennbar, so dass wir also nur durch die Verglei- chung mit der zunächst unter den Vögeln stehenden Thierclasse zur Beurtheilung des Vogelcarpus dienende Anhaltepunkte erhoffen dürfen. P]s sind aber unter den Reptilien nur die Crocodile, die eine Verkümmerung des Carpus aufweisen, und zwar in einer Weise, die dem bei den Vögeln vorhandenen Zustande entspricht. Radiale und Ulnare bilden den Haupttheil des Carpus der Crocodile, und an der Stelle einzelner die Metacarpalien tragender Stücke der zweiten Reihe sind nur zwei Knorpelstücke vorhanden, von denen das eine, kleinere von dem gleich- falls knorpelig bleibenden Centrale bedeckt wird. Ich habe hinsichtlich dieser letzteren oben auseinandergesetzt, dass wir sie als einen in der Rückbildung be- griffenen Abschnitt des Carpus anzusehen haben, in welchem einmal die den Meta- carpalien entsprechenden Stücke sich nicht mehr differenziren, und dann sowohl an Volum als an Textur auf niederer Stufe bleiben. In voller Entwickelung sind daher auch bei den Crocodilen nur zwei Stücke des Carpus, wenn wir wie ge- ziemend das Accessorium nicht mit in Betracht ziehen. Wir können somit sagen, dass in dem Vogelcarpus das bei den Crocodilen bereits angebahnte Verhalten ausgeführt ist, und vermögen von den übrigen Rep- tilien aus durch die Crocodile zu den Vögeln eine Entwickelungsreihe zu führen, welche freilich manche, durch die ganz geringe Kenntniss der untergegangenen Formen nothwendig entstandene Lücke aufweist. Wir müssen aber auch hier be- rücksichtigen, dass in jenen einander verwandten Zuständen, die wir aneinander- reihen müssen, weil uns die sie unmittelbar verbindenden Formen abgehen, uns nur die Endpunkte auf sehr differenten Stufen stehender Entwickelungsreihen vor- liegen, deren in längst vergangenen Zeiten vorhanden gewesene innigere Ver- knüpfungen uns thatsächlich unbekannt sind. *) *) Anmerkung. Die Ableitung der Verwandtschaftsverhältnisse des Baues der Organis- men führt häufig auf ein Gebiet, auf dem sich ebensogrosse Wahrheiten erschliessen, als uns Irr- thümer daselbst umstricken können, und nicht minder gross sind die Missverständnisse, die aus nur kurzen Andeutungen über jene Verhältnisse entspringen. Eine ausführlichere Darlegung der oben angeführten Anschauung ist daher gewiss am Platze. Ich habe oben von Verwandtschaft der Crocodile mit den Vögeln gesprochen, von einer Ableitung der bei den Vögeln vorhandenen Organisation des Carpus von jenem der Crocodile, woraus man leicht schliessen könnte, dass ich die Vögel überhaupt als eine aus den Crocodilen hervorgegangene Lebensform mir dächte, beide einer und derselben continuirlichen Eeihe angehörig, und zwischen beiden zahlreiche Uehergangsformen, die ausgestorben und deren Reste noch unbe-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b20425107_0053.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)