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Credit: Geschichte der Augenheilkunde. Source: Wellcome Collection.
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![pression des grauen Staars, durch einen Druck die normale Stellung wieder- geben und solche fixiren, so würde das Schielen aufhören«. — Rossil) fand den wesentlichen Grund des Strabismus einerseits in abnormer Bildung der Augen- höhle, so dass dieselbe nicht eine gerade, sondern mehr oder weniger schiefe Pyramide darstellt und zu abnormer Entwickelung und abnormer Insertion der Muskeln führt, andererseits in einer im frühesten Alter erworbenen Angewöh- nung. — Ich halle mich der Mühe überhoben, die vielen, zum Theil ganz aben- teuerlichen Ansichten, welche über die Genese des Schielens nach diesen oder einer anderen der oben angeführten Richtungen hin ausgesprochen worden sind, hier einzeln vorzuführen, ein Blick in die gebräuchlichsten Lehr-und Handbücher der Ophthalmologie aus jeuer Zeit giebt von dem trostlosen Zustande, in welchem sich diese Lehre am Schlüsse des 4. Decenniums dieses Jahrhunderts befand, Zeugniss; so unterschied Rognetta2) vier ätiologisch differente Formen von Strabismus: 1) angeborene oder erworbene Ungleichheit in der Kraft und Thätig- keit der Netzhaut3], 2) Ungleichheit in der Stärke der Augenmuskeln, 3; Ab- weichungen in der Sehachse in Folge von Hornhautflecken, Katarakt oder künst- licher Pupille, so dass das Auge fortdauernd gezwungen ist, Licht in dieser oder jener fehlerhaften Stellung von aussen aufzunehmen und 4) üble Angewöhnung; Baimgarten 4) zählt fast sämmtliche Erkrankungen des Bulbus, die verschieden- sten (möglichen und unmöglichen) Krankheiten der Augenmuskeln und Be- wegungsnerven des Bulbus als Ursachen von Strabismus auf, ohne übrigens der Refractions-Anomalien mit einem Worte zu gedenken', und selbst in dem sonst vortrefflichen Handbuche der Augenheilkunde5) von Chelils wird das Hauptge- wicht bei der Frage nach der Aetiologie von Strabismus auf primäres oder secun- däres Ergriffensein der Muskeln (übermässige Contraction = Strabismus activus oder Lähmung = Sir. passivus) gelegt, das wiederum von Angewöhnung, Trü- bungen der Hornhaut oder Linse, partiellen Netzhaut-Lähmungen, verschiedenen Erkrankungen der Augenlider u. s. w., en passant auch von einer verschiedenen Sehweite beider Augen und von Myopie abgeleitet wird. — Alle diese und zahl- reiche ähnliche Arbeiten datiren aus der Zeit, in welcher die operative Behand- lung des Strabismus durch Muskel-oder Sehnen-Durchschneidung Eingang ge- funden hatte, die Frage nach der Pathogenese der Krankheit behufs Aufstellung bestimmter Indicationen für die Operation also nahe gelegt war, und so spitzte sich demnach die ganze Forschung darauf zu, zu entscheiden, inwieweit die Affection von abnormen Verhältnissen der Muskeln, wie weit von andern Ursachen abhängig sei; von diesem Standpunkte entwickelte dann Gierin f,j seine Lehre vom mechanischen (activen) und optischen (passiven) Strabismus, indem er den ersten aus der Existenz eines Hindernisses im Verlaufe der Sehachse oder der Ausen- I] Mem. de l'Acad. des Sc. de Turin 1830. XXXIV. und Bullet, des Sc. med. 1829, XIX. p. 94. 2; Cours d'ophthalmologie. Par. 1839, p. IS. 3 Offenbar deutete Rogxetta in dieser und der folgenden These hier die von BtJFFOK für Strabismus geltend gemachte »ineyalile de force des yeujc« an, aber, wie man sieht, in einem andern Sinne als Buffon selbst. 4 Ammon's Monatsschr. für Ophthalm. 1840 III. S. 476, ebenso in seiner Schrift: Das Schielen und dessen operative Behandlung u. s. w. Leipz. 1841.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b2101999x_0307.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)