Die Philosophie des Islam in ihren Beziehungen zu den philosophischen Weltanschauungen des westlichen Orients / von Max Horten ; mit einer Darstellung von Muhammeds Himmelfahrt nach einer Miniatur des 15. Jahrhunderts.
- Max Horten
- Date:
- 1924
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Credit: Die Philosophie des Islam in ihren Beziehungen zu den philosophischen Weltanschauungen des westlichen Orients / von Max Horten ; mit einer Darstellung von Muhammeds Himmelfahrt nach einer Miniatur des 15. Jahrhunderts. Source: Wellcome Collection.
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![zugrundeliegende Bildungsideologie besagt, das Höchste im Menschen¬ leben sei Gewandtheit in gebundener und ungebundener Rede, Witz, Wahl vieldeutiger Worte mit Anspielungen und indirekten Ausdrucks¬ weisen (Mitbcdeulungen der direkten), Schlauheit im utilitaristisch aufgefaßten äußeren Leben, Verschlagenheit, dabei aber auch das typiscli orientalische Ethos {Gelduld, Ergebung, Gerechtigkeit, Freundesliebe, Achtung des Nächsten mit den daraus entspringenden Lebensformen der Gesellschaft) und dem korrespondierenden Logos (Hinfälligkeit und Unbeständigkeit des Glückes, eine gewisse Phänomenalität und Schattenhaftigkeit der Welt — ein guter Nährboden für die Mystik —, Schicksal und göttliche Vorsehung). Ein gewisser Rhythmus schwebt wie eine Wellenbewegung durch die Darstellung (Hamadäni [1007 f] ist darin wohl höher zu stellen, als der durch R ü c k e r t bekannte Harirl [1123 j]) wnd läßt uns eine deutliche Einfühlung in das Pathos der orien- talisclien Seele gewinnen, das ein durchaus tiefes und weites ist. Die Maqamen bergen eine Gesamtanschauung von Menschenleben und Weltall, eine Philosophie, die aus der spezifischen Städtekultur der Abbasidenzeit, Landschaft und Rassenmischung des Orientes ab¬ zuleiten ist. 234. Zum Teil übersetzt von Dieterici, 8 Bd., 1865—1879. Das wissenschaftliche Problem, das diese Schule der ideengeschicht¬ lichen Betrachtung stellt, ist in diesen Arbeiten nicht gestreift. Ihr System müßte eine Gesamtdarstellung erfaliren, in den Bildungsstrom seiner Zeit (der ismailitischen Bewegungen) gestellt und in seinen logischen Verhältnissen der Teile wie den äußeren Abhängigkeiten klar¬ gelegt werden. Nur die Originaltexte können einer solchen Arbeit zur Grundlage dienen, da die Uebersetzungen den Urtext nicht adäquat wiedergeben. Alles im eigentlichen Sinne Philosophische ist als ver¬ fehlt anzusehen. 235. ihwän 4, 101; 2, 329. 236. 59, 369—382. 237. 42 c, 1; 1, 319—330: das Akbar-näme. 238. 59, 305. 239. 7, 320. 240. S. u. Die Zauberliteratur verdiente eine eingehende Analyse und Darstellung. Als typisches Beispiel für die Superposition der Kulturschichten ist die Stellung des Islam zur Zauberei anzuschen. Die ganze Zauberwelt wird dadurch in den Islam aufgenommen, daß der Muslim im Namen Allahs zaubert. Die ältere Schicht bleibt also ,,in situ“, in ungestörter Lage, während die jüngere sich über sie hinbreitet. Der Edelstein im Siegelringe hat Zauberkraft. Dies assimiliert der Islam dadurch, daß er den Namen Allahs in den Stein eingravieren läßt und daß seine Kraftwirkungen — sein Dynamismus — nun im Namen des iiöchsten Gottes geschehen. Die Gestirne und Planeten wirken in der niederen Welt, die gescliichtlichen Ereignisse hervorbringend. Die Dahrija haben sich diese atheistische Vorstellung noch rein erlialten. Der ,,dahr“ ist die aus sich seiende, ewige Hiinmelssphäre, die alle Geschehnisse der Welt verursacht! Die Geschicke stehen in der Stcrnentafel — ,,der wohlbewahrten Tafel“ — aufgezeichnet, und der Islam vernichtet niclit etwa diese ältere, vormonoliicistische KuUursynthese, sondern nimmt sie auf, indem er die Lelirc bildet: Alläh hat mit dem Schicksalsgriffel, dem qalam, diese Schriftzüge des Schicksals dort eingetragen. Durch](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29827942_0373.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)